1. FC Köln: Eric Martel – der vermeintliche Nachfolger von Salih Özcan

Mit Eric Martel landete der 1. FC Köln einen nennenswerten Transfercoup. Der Ex-Leipziger bringt trotz seiner jungen Jahre bereits echte Leaderqualitäten mit.
Köln – Innerhalb eines knappen Monats – von Mitte Mai bis Mitte Juni 2022 – geht es beim 1. FC Köln ein wenig wie am Fließband zur Sache, zumindest was Transfers betrifft. Eric Martel ist bereits der fünfte Neuzugang, den Sportchef Christian Keller eintüten kann, um das Team Steffen Baumgart für die kommende Saison adäquat aufzurüsten. Der defensive Mittelfeldmann hat zwar erst anderthalb Profi-Saisons auf dem Buckel, seine Fähigkeiten am Ball schmälert dies jedoch keineswegs. 24RHEIN über einen jungen Wilden, der vor seinem Bundesliga-Debüt steht.
Das ist Eric Martel
► Geburtsdatum: 29. April 2002
► Beim 1. FC Köln seit: 1. Juli 2022
► Vertrag beim 1. FC Köln bis: 30. Juni 2026
► Marktwert von Eric Martel: drei Millionen Euro (Stand: 6. Juli 2022)
► verpflichtet von: RB Leipzig für 1,2 Millionen Euro (Stand: 6. Juli 2022)
► Profi-Debüt: 22. Dezember 2020 für RB Leipzig gegen FC Augsburg (DFB-Pokal 2. Runde, Deutschland)
► Leistungsdaten Saison 2021/22 (Austria Wien): 34 Einsätze, drei Tore, drei Vorlagen, elf Gelbe Karten
Anfänge in Straubing, Wechsel zu Red Bull
In der Eishockey-Hochburg Straubing, einem knapp 50.000-Einwohner-Städtchen im Süden Deutschlands, wird Martel im Jahr 2002 geboren. Im Stadtteil Ittling beginnt Martel er mit Fußball, von der Heimat aus geht es im Alter von zehn Jahren in die U11 des Zweitligisten SSV Jahn Regensburg. „Er ist von klein auf ein ehrgeiziger Spieler gewesen, auch bei Rückstand hat er nie aufgegeben.“, erinnert sich sein Jugendtrainer André Kleinknecht.
Bis zur U15 spielt das Mittelfeldtalent in Bayern, ehe er im Jahr 2017 das nächste Kapitel aufschlägt. Sein Ziel: Die Roten Bullen aus Leipzig, deren Profis 2016 erstmals in der Bundesliga aufspielen können. Trotz aller Euphorie gibt es zunächst kleinere Startschwierigkeiten bei diesem geplanten Ortswechsel: „Als ich zum ersten Mal beim Probetraining in Leipzig war, wurde ich noch abgelehnt“, erinnert sich Martel im März 2020.
Fortan arbeitet der junge Spieler an sich, besonders an seiner Schnelligkeit, und wird nach dem zweiten Probetraining Mitglied in der Nachwuchsakademie der Sachsen: „Ich habe anschließend hart an mir gearbeitet. Allein mit meinem Papa bin ich auf die Tartanbahn gegangen und habe immer und immer wieder Sprints absolviert, um meine Schnelligkeit zu verbessern. Mit 15 bin ich nach Leipzig ins Internat. Ich musste schnell lernen, selbstständig zu sein.“, sagt Martel rückblickend als 18-Jähriger.
Harte Arbeit zahlt sich aus: Erster Profi-Einsatz
Die nächsten Jahre, in denen neben Fußball auch die schulische Bildung nicht zu kurz kommt, sollen die weitere Entwicklung des Neu-Bullen entscheidend prägen. Sportlich läuft alles nach Plan, in der U17 zählt sein Name zu den vielversprechendsten Talenten: „Dass er sich so schnell weiterentwickelt, war nicht abzusehen“, zeigt sich sein damaliger U17- und U19-Trainer Alexander Blessin begeistert vom Potenzial des Defensivspielers. In der Saison 2018/19 macht der 16-Jährige insgesamt 24 Spiele in der Bundesliga-Staffel Nord/Nordost (vier Tore, drei Assists).
Zur Spielzeit 2019/20 gehört Martel bereits zum Kader der U19, obwohl er mit 17 Jahren einer der jüngsten Akteure im Team ist. So wundert es wohl die wenigsten in der näheren Umgebung, dass Martel der Sprung zum absoluten Stammspieler nach nur wenigen Auftritten glückt: „Das Tolle bei Eric ist auch, dass er die Sachen annimmt. Er ist sehr wissbegierig und versucht, die Dinge sofort umzusetzen. Das alles sind wichtige Punkte, die ihm helfen können, vielleicht irgendwann einmal Profi zu werden“, lobt Blessin seinen Schützling. Insgesamt 27 Pflichtspiele, darunter auch sechs Einsätze in der UEFA Youth League, bestreitet Martel, der sowohl im defensiven Mittelfeld (als „Sechser“), als auch im Abwehrzentrum aufläuft. Darüber hinaus erzielt er wettbewerbsübergreifend drei Tore erzielen.
Eric Martel privat
Eric Martel ist sehr heimatverbunden und versucht in regelmäßigen Abständen, seine Familie und Freude in Straubing zu besuchen. Darüberhinaus gilt er als äußerst bodenständig. Im Sommer 2020 machte Martel außerdem sein Abitur am Sportgymnasium des Turn- und Gymnastikclub Leipzig e.V.
Profi-Debüt, Corona-Pandemie und erster Senioren-Vertrag
Bereits 2019 ereilt Martel eine Nachricht von ganz oben, als der damalige RB-Trainer Julian Nagelsmann ihn zum Tanz bei den Profis bittet: „Ich versuche immer wieder, die Jungs aus unserem Nachwuchs zu belohnen. Joscha Wosz und Eric Martel sind zwei gute Beispiele, die sich beim Training immer voll reinhängen“, sagt der heutige Trainer des FC Bayern München im 18. Dezember 2020. Für den Jugendspieler, der fortan regelmäßig bei der ersten Mannschaft mitmischen darf, eine außergewöhnliche Situation.
Und tatsächlich: Am 22. Dezember, nur vier Tage nach dem Pressestatement des Chefcoaches, steht Martel in der zweiten Runde des DFB-Pokalspiels gegen den FC Augsburg für zwei Minuten auf dem Rasen. Das Unternehmen „Bundesliga-Spieler“ kommt jedoch schon am 22. Juni 2020 ins Rollen, als RB Martel den ersten Profi-Vertrag vorlegt und den Straubinger bis Sommer 2023 an sich bindet.

Aufgrund der sich zuziehenden Corona-Lage kann Martel mit der U19 lediglich vier Pflichtspiele machen, ehe der Spielbetrieb ausgesetzt wird: „Natürlich war die Zeit, in der wir nur individuell zu Hause trainieren konnten, nicht einfach und ungewöhnlich. Aber ich glaube, wir haben alle das Beste daraus gemacht und uns im athletischen Bereich weiterentwickelt“, so der Spieler.
Leihe zu Austria Wien – blitzartiger Aufstieg zum Stammspieler
So vielversprechend seine Situation auch ist, möchte Martel nichts dem Zufall überlassen und beginnt im Winter 2020, sich ernsthafte Gedanken über seine sportliche Perspektive in Leipzig zu machen. Im Januar 2021 entschließt er sich dazu, seine Karriere beim österreichischen Erstligisten Austria Wien voranzutreiben. Ex-FC-Erfolgstrainer Peter Stöger, zu jener Zeit im Amt des Übungsleiters bei den Hauptstädtern, freut sich auf den Neuzugang der Leipziger: „Er ist ein junger Spieler mit viel Potenzial, kann bei uns Spielpraxis sammeln und passt zu den Rahmenbedingungen, in denen wir uns momentan bewegen.“ Martel unterschreibt bei Austria einen Leihvertrag bis Sommer 2022.
Gegen den SV Ried kann er am 23. Januar 2021 sein Debüt für die Wiener feiern, das allerdings in der 51. Minute eine unverhoffte Wende nimmt. Mit Gelb-Rot wird der Neuzugang des Platzes verwiesen, seine Mannschaft kann das 1:0 aus der vierten Spielminute glücklicherweise auch in Unterzahl über die Zeit retten. Sein erster Profi-Treffer gelingt ihm überdies im ersten Pflichtspiel nach seiner Sperre, datiert vom 31. Januar 2021. Am Ende seines ersten Profi-Jahres blickt Martel auf 22 Einsätze und drei Scorerpunkte zurück: „Dass ich so viele Spiele mache, habe ich natürlich erhofft, wenngleich man natürlich davon nicht ausgehen konnte. Aber ich habe von Beginn an sehr viel Vertrauen geschenkt bekommen.“

Auch im zweiten Jahr festigt Martel seine Stellung bei Austria. Im Juli 2021 rutscht er zudem mit seinen Teamkollegen nur haarscharf an der Qualifikation zur Gruppenphase für die neu geschaffene UEFA Europa Conference League vorbei. In der Liga kann sich Martel beim Vorjahresachten seiner Spielpraxis sicher sein und steht bis Sommer 2022, gleichbedeutend mit dem Ende seiner Schaffenszeit in Österreich, 30 Mal in der Liga auf dem Rasen. Mit gerade einmal 19 Jahren kann er die vierthöchste Einsatzzeit im gesamten Ligakader vorweisen.
Zusätzlich tut sich auf in Sachen Nationalmannschaft einiges: Am 12. November 2021 feiert Martel bei der 0:4-Pleite gegen Polen seine Länderspielpremiere für die deutsche U21-Auswahl von Coach Antonio Di Salvo. Zuvor war der Mittelfeldspieler schon für die U19 und U20 aufgelaufen.
Interesse aus der Bundesliga & Wechsel zum 1. FC Köln
Ungeachtet seiner herausragenden Auftritte in Wien hat Martel bei seinem Ausbildungsverein Leipzig wenig Chancen, sich durchzubeißen. Schnell beschäftigt sich der gefragte Kicker mit Alternativen. So signalisieren die deutschen Erstligisten SC Freiburg, Union Berlin und der 1. FC Köln ernsthaftes Interesse am Noch-Leipziger.
Letzten Endes sorgt wohl auch der gute Draht von Kölns neuem Sportchef Christian Keller, der Martel noch aus seiner Zeit in Regensburg kennt und schätzt, für die Unterschrift am Geißbockheim. Am 24. Juni 2022 ist der Wechsel für kolportierte 1,2 Millionen Euro unter Dach und Fach: „Im vergangenen Jahr habe ich bei Austria Wien viel Spielzeit bekommen, was dazu geführt hat, dass ich mich sehr gut entwickelt habe. Diesen Weg möchte ich jetzt in Köln fortsetzen. Dabei ist mir bewusst, dass der Sprung in die Bundesliga größer ist. Aber ich traue mir zu, ihn zu meistern.“, freut sich der Neuankömmling bei seiner Vertragsunterschrift, die ihn bis Sommer 2026 an den FC bindet.
Was die Fans von ihm erwarten können, entgegnet der 20-Jährige, der auf lange Sicht als Ersatz des Neu-Dortmunders Salih Özcan eingeplant ist, kurz nach Ankunft in der Rheinmetropole selbst: „Ich bin ein physisch starker Spieler, der viel Laufbereitschaft zeigt, hart in die Zweikämpfe geht und immer alles für die Mannschaft gibt.“ In der neuen Spielzeit wird er dieses Statement hoffentlich auch praktisch unter Beweis stellen können. (md) Fair und unabhängig informiert, was in Köln & NRW passiert – hier unseren kostenlosen 24RHEIN-Newsletter abonnieren.