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1. FC Köln: UEFA Europa League – Pleite beim Chaos-Spiel gegen Arsenal

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Von: Max Dworak

Polizisten müssen die FC-Fans vor dem Stadion zurückhalten, Jhon Cordoba erzielt das 1:0 und Alexis Sanchez macht das 2:1-Führungstor.
Der 1. FC Köln kann bei seiner UEFA Europa League-Premiere gegen Arsenal London trotz Traum-Start nicht gewinnen. © Shutterstock/Imago & Eduard Bopp/Imago & Uk Sports Pics Ltd/Imago

Der 1. FC Köln läuft im Jahr 2017/18 dank der sagenumwobenen Stöger-Saison erstmals in der UEFA Europa League auf. Beim Einstand wartet der FC Arsenal.

London – Am 20. Mai 2017 brechen in Köln alle Dämme. Der 1. FC Köln zieht am letzten Spieltag der Bundesliga-Saison mit dem fünften Tabellenplatz in die UEFA Europa League ein. Egal, ob Bierdusche für Coach Peter Stöger, ein auf Händen getragener Anthony Modeste oder abertausende Fans, die sich ein Stück vom Rasen des RheinEnergie-Stadions in die Hosentasche stecken – in der Stadt am Rhein steppt der Bär. Nur vier Monate müssen sich Klub und Gefolgschaft nun gedulden, bis es nach einer 25-jährigen Durststrecke im Europapokal wieder zur Sache geht. Am 25. August steht fest: Die Domstädter treffen auf den Hochkaräter Arsenal London. Das Hinspiel in England ist in mehrfacher Hinsicht ein kurioser Abend. 24RHEIN mit einem Rückblick in der Serie „FC Europapokal-History“.

1. FC Köln: Top-Los Arsenal wartet in der Gruppenphase

Als im Fürstentum Monaco die letzten Loskugeln gezogen sind, herrscht Klarheit darüber, welche Teams auf die Kölner in der Gruppenphase warten werden. Gleich am ersten Spieltag muss der Bundesligist eine Mammutaufgabe stemmen: „Mit Arsenal haben wir die mit Abstand am besten gerankte Mannschaft in unserer Gruppe“, kommentiert Stöger das bevorstehende Duell seiner Mannschaft. Daneben erscheinen Gegner zwei und drei, namentlich Bate Borisov aus Weissrussland und die Serben von Roter Stern Belgrad, aufgrund der Strahlkraft der „Gunners“ fast wie dankbare Aufgaben. Auch Lukas Podolski, dem die Zeremonie nicht entgeht, twittert voller Vorfreude auf das Spiel zwischen seinen beiden Ex-Klubs: „Geil! Das beste Los für mich!“

UEFA Europa League: 1. FC Köln trifft auf FC Arsenal

Knapp drei Wochen später, es ist der 14. September, ist alles angerichtet für die Europa-Party im Emirates Stadium. Sportlich gibt es zur besagten Phase allerdings wenige Launemacher: Der 1. FC Köln befindet sich in der Liga auf einer waschechten Talfahrt, nach den ersten drei Bundesliga-Spielen kann bei null Punkten zweifelsohne von einem absoluten Fehlstart gesprochen werden. Der Mainzer Neuzugang Jhon Cordoba, dessen 17 Millionen Euro Ablöse einen Großteil der Modeste-Einnahmen und der Qualifikations-Prämie für die Euro-League verschlungen hatten, will auch noch nicht so richtig zünden. Es hilft alles nichts – in der Hoffnung, dass in England alles besser wird, treten die Kölner mitsamt ihrer fußballverrückten Anhängerschaft die Reise nach London an.

FC Arsenal London – 1. FC Köln

Wettbewerb: UEFA Europa League (Gruppenphase, 1. Spieltag)

Datum: 14. September 2017

Ort: Emirates Stadium, London

Ergebnis: 3:1 (0:0)

Tore 1. FC Köln: Jhon Cordoba (9.)

Tore FC Arsenal London: Sead Kolasinac (49.), Alexis Sanchez (67.), Hector Bellerin (82.)

1. FC Köln: Chaos vor Spielanpfiff

In England angekommen, ist bei den Kölner Fans nur noch wenig von den Strapazen der vergangenen Liga-Wochen zu spüren. Im Gegenteil: Etwa 15.000 grölende, übermotivierte Menschen sind aus Deutschland mitgekommen, um die Profis auf dem Rasen lauthals zu unterstützen. So sind Teile der Londoner Innenstadt an jenem Donnerstagabend lahmgelegt und für Lärm vor dem Stadion ist entsprechend gesorgt.

Allerdings nimmt das Ganze schnell unschöne Formen an: Von der riesigen Horde kann nämlich am Ende nur ein Bruchteil ins Stadion. Die Londoner hatten nur 2900 Gäste-Tickets zum Verkauf angeboten und vorab angekündigt, dass keine neutralen Plätze an Fans der Kölner herausgegeben werden. Schnell muss die Polizei einschreiten und hunderte Unruhestifter aus dem Verkehr ziehen. So verschiebt sich der Anstoß von 21:05 Uhr nach mehreren Durchsagen auf 22:05 Uhr, als endlich der Ball über die perfekt gestutzte Wiese rollt. Arsene Wenger – mittlerweile seit 21 Jahren an der Seitenlinie von Arsenal tätig – schildert nach Spielende seine Gedanken zu diesem außergewöhnlichen Vorfall: „Sie waren sehr clever, ich weiß nicht, wie sie das gemacht haben, aber sie haben das Publikum infiltriert, sie waren überall.“ Kurz nach dem ersten Ertönen der Trillerpfeife ist hörbar, dass sich die Arena rein atmosphärisch fest in rheinischer Hand befindet.

1. FC Köln gegen Arsenal: Traum-Start dank Cordoba-Hammer

Die ersten Minuten plätschert das Spiel vor sich hin. Das allgemeine Abtasten findet jedoch in der 9. Spielminute ein jähes Ende, als Arsenal-Keeper David Ospina einen Ball vor dem anlaufenden FC-Stürmer Simon Zoller klären möchte. Seine Rettungstat landet genau auf dem Fuß von Modeste-Nachfolger Cordoba, der umgehend schaltet und aus knapp 40 Metern abzieht – 1:0 für die klaren Außenseiter. Der Kolumbianer, der seine Emotionen keine Millisekunde zurückhalten kann, rennt umgehend zum ebenfalls in der Kritik stehenden Stöger und lässt sich feiern. Sein zweites Pflichtspieltor – bereits im DFB-Pokal hatte er in der 1. Runde gegen Fünftligist Leher TS Bremerhaven eingenetzt – kommt nicht nur aus persönlicher Sicht zur richtigen Zeit.

Anschließend scheinen nun auch die Hausherren, für die es in der Premier League mit sechs Zählern nach vier Spielen auch eher mäßig läuft, ein wenig wacher zu werden und versuchen Mittelstürmer Olivier Giroud in Szene zu setzen. Doch die Kölner, die man mittlerweile in der gesamten Arena singen hört, setzen weiter kleine Nadelstiche. Nach einer Viertelstunde nimmt Zoller einen Ball mit der Brust im Strafraum der Engländer mustergültig an, die Abwehrzentrale um Rob Holding und Weltmeister Per Mertesacker kann im letzten Moment dazwischenfunken, ehe es brandgefährlich wird.

In der Folge nimmt Arsenal das Geschehen mehr in die Hand, der pfeilschnelle Rechtsaußen Theo Walcott sorgt immer wieder für Alarm vor dem Kasten von Timo Horn. Kölns Linksverteidiger Konstantin Rausch hat in der 30. Minute eine geniale Eingebung und sorgt beinahe für das 2:0. Seinen langen Flachpass von der Mittellinie in den Strafraum verpasst der einrutschende Zoller unglücklicherweise um Haaresbreite. Da Jonas Hector beim Versuch, an den abklatschenden Ball von Ospina heranzukommen mit dem Torwart kollidiert, muss Stöger nach 35 Minuten erstmals wechseln und schickt Milos Jojic auf das Feld. Obwohl die Einschläge auf das Kölner Tor zunehmen, können die Gäste den knappen Vorsprung in die Halbzeit retten.

1. FC Köln: Arsenal dreht auf und gewinnt das Spiel

Nach der Pause erwischen die Jungs von Wenger den besseren Start. So bleibt Innenverteidiger Holding in der Kabine und wird durch den deutlich offensiveren Sead Kolasinac ersetzt. Dessen Einwechslung zahlt sich zum Leidwesen der Kölner nur vier Minuten später aus: Die misslungene Flanke von Mitspieler Walcott wenige Meter entfernt des linken Torpfostens, die von FC-Verteidiger Lukas Klünter abgeblockt werden kann, landet auf dem Spann von Kolasinac, der einen strammen Schuss in die rechte Torecke feuert. Obendrauf zieht der Torschütze sein Trikot zum darauffolgenden Jubel hoch und präsentiert ein T-Shirt seines Ex-Arbeitgebers FC Schalke 04 mit der Aufschrift „Nordkurve“. Eine Aktion, die aufgrund der Fan-Rivalität zwischen S04 und dem FC nach genauerer Sichtung der TV-Bilder nicht sonderlich gut ankommen dürfte.

Arsenal drängt nun auf den Führungstreffer und wird für den Einsatz in der 67. Minute belohnt. Wirbelwind Alexis Sanchez dribbelt an der linken Strafraumkante der Geißböcke und visiert die lange Ecke von Horns Tor an. Der Chilene, der den Ball nicht besser hätte treffen können, kann Augenblicke später zum Knierutscher ansetzen und sich für seine Einzelaktion feiern lassen.

Von Köln, die nur noch in der 71. Minute in Form von Cordoba ein letztes Mal auffällig vor dem gegnerischen Tor werden, kommt in der Schlussphase nichts mehr. Auf Seiten der Londoner warten die Supporter hingegen auf die Entscheidung, die längst nur noch eine Frage der Zeit ist. In der 82. Minute schaltet sich erneut Kolasinac mit in einen Angriff ein. Seine Hereingabe von links in den Sechzehner, die für Jack Wilshere gedacht ist, gelangt über Umwege zu Walcott. Der scheitert aus kurzer Distanz noch an Horn, der Abstauber von Verteidiger Hector Bellerin, welcher schneller als Marco Höger den abklatschenden Ball erreicht, macht dann den Deckel drauf.

Nach zwei Minuten Nachspielzeit beendet Schiedsrichter Estrada Fernández das Spiel. Am Mikrofon sind die Verantwortlichen aus Deutschland zwischen Stolz und Enttäuschung hin- und hergerissen: „Denen ist nicht viel eingefallen. In der zweiten Halbzeit haben sie dann aufgedreht. Es ist natürlich dann bitter, wenn wir solche Traumtore kassieren. Aber ich glaube, wir haben uns gut verkauft und gezeigt, dass wir mithalten können.“, meint Kapitän Matthias Lehmann. Einen Tag nach der Pleite ereilt den Verein die Hiobsbotschaft aus der Kölner Klinik am MediaPark: Hector wird mit einem Syndesmosebandriss am rechten Sprunggelenk monatelang ausfallen.

Das Unglück nimmt seinen Lauf

Die Unruhen, in erster Linie initiiert von den Kölner Fans, sorgen für ein massives Beben in der Presse: „Nacht der Schande im Emirates war ein trauriger Rückfall in die Hooligan-Tage der 80er Jahre.“, titelt unter anderem der englische Mirror. Doch nicht nur medial hat das zweifelhafte Auftreten der Mitgereisten ein Nachspiel: Die UEFA belegt den Verein mit einer Geldstrafe von 60.000 Euro, gegen die der Verein allerdings Berufung einlegt.

Dennoch scheinen viele Fans unbelehrbar: Auch im Spiel gegen Roter Stern Belgrad, datiert vom 7. Dezember, kommt es zu Randalen, die den Verein letztlich 40.000 Euro kosten. Stöger, der nach 14 Spieltagen im deutschen Oberhaus nur drei Pünktchen sammeln kann, muss vier Tage vor den Auswärts-Krawallen in Belgrad seine Koffer packen.

Die verheißungsvolle Spielzeit 2017/18, auf die eine gesamte Metropole hingefiebert hatte, ist im Sommer 2018 mit viel Ernüchterung zu Ende. Der 1. FC Köln scheidet nach der Gruppenphase aus der Europa League aus, im DFB-Pokal ist im Achtelfinale gegen Schalke Schluss und in der Bundesliga zieht man als Tabellenschlusslicht abermals ein Ticket für die zweite Klasse.

Auf finanzieller Ebene ist das Katastrophen-Jahr ironischerweise ein echter Segen: Der Gewinn nach Steuern, den die Geschäftsführung um Alexander Wehrle auf der Mitgliederversammlung am 10. Oktober 2018 verkündet, steigt um 6,2 Millionen Euro auf 17,3 Millionen Euro im Vergleich zur Vorsaison 2016/17.

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