1. FC Köln: Randale nach Spielende – Kantersieg in Barcelona im UEFA Cup

In seiner siebten UEFA Cup Saison gelingt dem 1. FC Köln gegen den FC Barcelona ein Kunststück. Im Camp Nou deklassieren Pierre Littbarski & Co. die Katalanen.
Barcelona – 5. November 1980: Aufgrund eines katastrophalen Saisonstarts unter Karl-Heinz Heddergott (bereits zuvor im Oktober 1980 entlassen) dümpelt der 1. FC Köln nach zwölf Spieltagen im Mittelfeld der Bundesliga herum. In der 2. Runde des UEFA Cups ist die Ausgangslage auch nicht optimal: Nach einer 0:1-Niederlage in Müngersdorf reisen die Rheinländer um ihren neuen Trainer Rinus Michels für das Rückspiel zum großen FC Barcelona. Dort soll jedoch alles anders kommen, als zunächst gedacht. 24RHEIN mit einem Rückblick in der Serie „FC Europapokal-History“.
1. FC Köln: „Man hat nichts mehr zu verlieren“
Um in Spanien zu bestehen, beziehungsweise das Achtelfinale doch noch zu erreichen, braucht es vorab die richtige Einstellung. Getreu dem Slogan „Alles oder nichts“ stürzen sich die FC-Spieler, darunter auch Stephan Engels, in die Schlacht: „Wenn man zu Hause im Europapokal verliert, dann hat man nichts mehr zu verlieren. Und so sind wir dort [in Barcelona; Anm. d. Red.] aufgetreten“, erinnert sich das damals 20-jährige Eigengewächs an das Spiel. Auch Trainer Michels, von 1976 bis 1978 selbst Übungsleiter beim kommenden Gegner aus Barcelona, macht der Mannschaft im Vorfeld ebenfalls klar, dass alles möglich ist.
„Ich muss sagen, das war meine längste Spielersitzung. Da hat er eine super Besprechung gemacht, sodass wir [die Mannschaft; Anm. d. Red.] auch das Gefühl hatten, dass da was geht“, sagt Stürmer Gerd Strack im Nachhinein. Vor knapp 38.000 Fans – gemessen an der damaligen Kapazität von etwa 119.000 Plätzen eher mau besetzt – pfeift der englische Schiedsrichter Patrick Partridge die Partie im Camp Nou an einem regnerischen Abend an.
FC Barcelona – 1. FC Köln
► Wettbewerb: UEFA Cup (2. Runde Rückspiel)
► Datum: 05. November 1980
► Ort: Camp Nou, Barcelona
► Ergebnis: 0:4 (0:1)
► Tore 1. FC Köln: Gerd Strack (41.), Stephan Engels (46.), Pierre Littbarski (63.), Dieter Müller (70.)
1. FC Köln: Sensationeller Auftritt im Camp Nou
Bis kurz vor der Halbzeit ist das Spiel alles andere als spannend, einzig ein Torschuss von Strack auf Seiten der Gäste nach einer guten Viertelstunde lässt ein Raunen in der Menge ertönen. Für den ersten Aufreger sorgt wenig später Engels, als er nach grobem Einsteigen gegen Barcas Innenverteidiger Migueli in der Nähe des Mittelpunktes zurecht die Gelbe Karte sieht.
Dann schlägt die 41. Minute: Dieter Müller macht den Ball an der Kante des Sechzehners fest und versucht, in eine aussichtsreiche Schussposition zu kommen. Die Abwehr der Katalanen ist zur Stelle und klärt – allerdings genau in den Fuß von Strack, der den Ball aus gut 17 Metern in die rechte obere Torecke schlenzt. Ein Traumtor, der FC führt 1:0 und hat den Patzer aus dem Hinspiel somit fürs Erste egalisiert.
Auch nach der Pause geht es munter weiter: Nur eine Minute nach Wiederanpfiff spielt Kölns Sechser Rainer Bonhof, in jenem Sommer vom FC Valencia gekommen, einen langen Pass auf die rechte Außenbahn. Da nimmt Pierre Littbarski, mit zarten 20 Jahren die große Offensiv-Hoffnung beim Bundesligisten, das Leder in Empfang und schlägt eine Flanke in den Strafraum. Engels, der frei zum Flugkopfball kommt, macht Sekunden darauf das 2:0.
FC lässt nicht locker und deklassiert Barca
In der Folge kommt es für den FCB, der in der Liga nur auf Platz elf steht, noch dicker: Zuerst erhöht Littbarski, Vorlagengeber des 2:0, nach einem sehenswerten Hackentrick von Teamkollege Tony Woodcock aus nächster Distanz auf 3:0. Im Anschluss, mittlerweile läuft die 70. Spielminute, kann Dieter Müller nach Kopfballvorlage des an diesem Tage überragenden Littbarski das 4:0 schießen. Danach ist Feierabend und der 1. FC Köln zieht souverän in das Achtelfinale des UEFA Cups ein. Zudem sind die Geißböcke zu diesem Zeitpunkt das erste deutsche Team, was im Camp Nou ein Spiel gewinnen kann.
Nach dem Aus im DFB-Pokal gegen den SC Freiburg und der Liga-Pleite bei Erzrivale Borussia Mönchengladbach, beides nur eine knappe Woche zuvor, ist dieser Triumph definitiv Balsam für die Seele. Die Fans der niedergeschlagenen Hausherren hingegen sind verständlicherweise nicht in Party-Laune. Stattdessen schalten die aufgebrachten Anhänger der Spanier umgehend in den Randale-Modus: „Nach dem Spiel flogen Münzen, Sitzkissen und Feuerzeuge von den Rängen, später sogar ganze Sitzschalen. Da hatte ja keiner mit gerechnet von den Zuschauern“, sagt Engels im Jahr 2015 rückblickend auf die Begegnung.
Doch auch in dieser Spielzeit soll es mit dem ersten Titel auf internationaler Bühne nicht klappen: Im Halbfinale scheitert der FC am englischen Erstligisten Ipswich Town, der sich in zwei Endspielen insgesamt mit 5:4 gegen AZ Alkmaar aus den Niederlanden durchsetzt.

Im August 1981 kann der FC das Kunststück in Barcelona dann tatsächlich wiederholen und gewinnt die Joan-Gamper-Trophäe in einer Art Freundschaftsspiel zu Ehren des gleichnamigen Vereinsgründers der Katalanen. Das Ergebnis auf der Anzeigetafel lautet, wie schon am legendären 5. November 1980, nach 90 Minuten 4:0 für Köln.
- Teil 1 Europapokal-Rückblick 1962: Dundee FC - 1. FC Köln
- Teil 2 Europapokal-Rückblick 1965: 1. FC Köln - FC Liverpool
- Teil 3 Europapokal-Rückblick 1969: 1. FC Köln - FC Barcelona
- Teil 4 Europapokal-Rückblick 1975: Borussia Mönchengladbach - 1. FC Köln
- Teil 5 Europapokal-Rückblick 1979: Nottingham Forest - 1. FC Köln
- Teil 6 Europapokal-Rückblick 1980: FC Barcelona - 1. FC Köln
- Teil 7 Europapokal-Rückblick 1986: 1. FC Köln - Real Madrid
- Teil 8 Europapokal-Rückblick 1992: Celtic Glasgow - 1. FC Köln
- Teil 9 Europapokal-Rückblick 1995: 1. FC Köln - Tottenham Hotspur
- Teil 10 Europapokal-Rückblick 2017: FC Arsenal London - 1. FC Köln
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