1. 24RHEIN
  2. 1. FC Köln

1. FC Köln: Wetten, Beleidigungen & Enthüllungen – Teil 1 der größten Skandale

Erstellt:

Von: Max Dworak

Manfred Manglitz, Toni Polster und Frank Ordenewitz in Aktion. Dazu das Buch von Toni Schumacher.
Egal ob Manfred Manglitz, Toni Polster, Toni Schumacher oder Frank Ordenewitz: Der 1. FC Köln sorgte in den 70er bis 90er Jahren für viel Aufsehen. © Horstmüller/Imago & Kicker/Liedel/Imago & PR

In der Geschichte des 1. FC Köln ging es nicht immer rosig zu. Die größten Fehltritte der Vereinsgeschichte – mit dem Fall Manglitz, „Mach et, Otze!“ und einer Überraschung im Gerichtssaal.

Köln – Fußball kann so schön sein. Was hat unsere liebste Nebensache des Lebens nicht schon für Sternstunden an der Mattscheibe bereitgehalten. Als Anhänger des 1. FC Köln wären da unter anderem die goldenen 70er und 80er Jahre zu nennen, aber auch die jüngste Wiederauferstehung unter Steffen Baumgart, um in der Zeit einige Dekaden nach vorne zu springen. Doch bei all den rühmlichen Ereignissen dürfen natürlich auch die Skandale nicht unerwähnt bleiben. 24RHEIN mit Teil 1 der größten Fehltritte von Spielern und Mitarbeitern.

1. FC Köln: 1971 – Der Fall Manfred Manglitz

In der Saison 1970/71 durchlebt die Bundesliga die bis dato turbulenteste Phase abseits des Rasens. Der 1. FC Köln, zu jener Zeit bereits zweimal Deutscher Meister und einmal DFB-Pokalsieger, hängt mitten im besagten Schlamassel. Im Frühjahr 1971 tobt im deutschen Oberhaus der erbitterte Kampf um den Klassenerhalt zwischen den abstiegsbedrohten Teams Kickers Offenbach, Eintracht Frankfurt, Arminia Bielefeld und Rot-Weiß Oberhausen. Kickers-Präsident Horst Gregorio Canellas fällt in jener Phase der Spielzeit auf, dass die Konkurrenz im Tabellenkeller auf mitunter ungewöhnliche Weise Spiele für sich entscheiden kann. Seine Sorge scheint berechtigt: Manfred Manglitz, Kölns Nummer Eins zwischen den Pfosten, ist Teil einer riesigen Bestechungsmaschinerie.

Die drei Profis Manfred Manglitz, Bernd Patzke und Tasso Wild unterhalten sich.
Von links nach rechts: Die drei Profis Manfred Manglitz (1. FC Köln), Bernd Patzke und Tasso Wild (beide Hertha BSC Berlin) während eines Verhandlungstags anlässlich des Bundesliga-Wettskandals 1970/71. © Frinke/Imago

Der FC-Schlussmann, nebenbei der erste Torhüter, der im Jahr 1967 in der 1. Bundesliga einen Treffer erzielen kann, nimmt den Hörer in die Hand und wählt Canellas Nummer. Manglitz verlangt 25.000 Mark, sonst werde er am 24. Spieltag im Spiel gegen Rot-Weiß Essen „einige Dinger durchlassen“, so sein Wortlaut. Der Boss der Offenbacher zahlt das Geld und Köln gewinnt mit 3:2. Am Ende eine Fehlinvestition, denn auf Rang 17 müssen die Hessen nach 34. Spieltagen trotzdem in die zweite Liga.

Doch damit nicht genug: In den nächsten Monaten wird klar, dass dieses Gespräch kein Einzelfall ist. Im Rahmen von Canellas 50. Geburtstag am 6. Juni 1971, einem Tag nach Saisonende, lässt dieser ein Tonband im heimischen Garten abspielen, das die Gesichter der Gäste, darunter auch sportliche Prominenz, vor Entsetzen erblassen lässt. Unter anderem ist neben Spielern von Hertha BSC Berlin auch die Stimme von Manglitz zu hören, der Canellas offenbar vor Teamkollege Hans-Josef Kapellmann warnt, da dieser mit seinen 20 Jahren „was zu grün für diese Sache“ sei.

Kurzum: Der DFB ermittelt in der Folge fast fünf Jahre gegen über 60 Profis aus zehn Vereinen, am Ende wird Manglitz auf Seiten der Kölner zu 25.000 Mark Strafe verdonnert und auf Lebenszeit vom Spielbetrieb freigestellt. Auch Canellas kann als Mittäter ausgemacht werden. Ihm wird im Anschluss untersagt, „ein Amt, im Verband, im Verein oder im DFB zu bekleiden.“ Nur zwei Jahre später begnadigen die Verantwortlichen den verschmähten FC-Profi wieder, seine Karriere ist dennoch entscheidend geknickt: „Das war die größte Enttäuschung meines Lebens. Das war eine unglaubliche Falschheit“, sagt der Betroffene mit ein wenig Abstand.

Der ehemalige Offenbach-Präsident darf Jahre nach dem Prozess ebenfalls wieder als Funktionär arbeiten, doch auch seine Karriere ist nicht mehr zu retten. In der Summe bestraft der DFB bis zum Abschluss der Ermittlungen 52 Akteure und sechs Funktionäre. Übrigens: Trotz der zahlreichen Nachweise aufgrund von Wettbetrug denkt niemand daran, die faktisch manipulierten Spiele zu annulieren.

1. FC Köln: 1971 – Gyula Lorant, der ungarische Drill-Instructor

Zum 1. Juli 1971 bekommt der 1. FC Köln nach einer dürftigen Saison, die man auf Platz elf abschließt, einen neuen Trainer. Gyula Lorant, der zuvor beim Konkurrenten 1. FC Kaiserslautern an der Seitenlinie gestanden hatte, übernimmt das Ruder am Rhein. Der für seine mitunter knallharten Trainingsmethoden ligaweit gefürchtete Ungar, der schnell mit Stars wie Wolfgang Overath aneinander gerät, kann mit dem FC dank guter Ergebnisse auf Rang vier in der Bundesliga überwintern.

Trainer Gyula Lorant (1. FC Köln) im Porträt.
Ein Trainer, der von vielen Spielern gefürchtet war: Gyula Lorant aus Ungarn. © WEREK/Imago

Am 1. April 1972, der FC empfängt zum Hinspiel des DFB-Pokal Viertelfinals den FC Bayern München, möchte der damalige Präsident Oskar Maaß dem Kölner Übungsleiter einige Taktik-Tipps geben. Lorant, der als äußerst extrovertiert gilt und selten ein Blatt vor den Mund nimmt, entgegnet: „Halt das Maul, du fette alte Sau!“ Nur drei Tage nach diesem Vorfall – der FC hatte die Partie im Übrigen mit 0:3 verloren –, setzen die Geißböcke Lorant vor die Tür. Er ist zugleich der erste Trainer, den der 1. FC Köln in der Bundesliga vorzeitig feuert.

Als Abfindung soll er 25.000 Mark bekommen haben. Ungeachtet seines Wutausbruchs übernimmt Lorant nur Monate nach seiner Entlassung in Köln das Amt des Cheftrainers bei Kickers Offenbach.

1. FC Köln: 1987 – Toni Schumacher und das Buch „Anpfiff“

Torwart Schumacher signiert sein Buch Anpfiff.
Toni Schumacher (rechts) ist nach der Veröffentlichung von „Anpfiff“ auch abseits des Rasens ein gefragter Mann. © WEREK/Imago

Im März 1987 ändert sich das öffentliche Ansehen von Kölns Torhüter Toni Schumacher schlagartig. Der Grund dafür hat 254 Seiten und trägt den Titel „Anpfiff – Enthüllungen über den deutschen Fußball“. Schumacher, der kurz vor Veröffentlichung seines Werkes, das er gemeinsam mit dem französischen Journalisten Michel Meyer auf Papier gebracht hatte, noch die unumstrittene Nummer Eins am Rhein ist, hat viel zu berichten: „Ich bin ein Leben lang von meiner Mutter dazu erzogen worden, ehrlich zu sein. […] Das Buch war mein Instrument, öffentlich Druck zu machen. Das Fass war übergelaufen, ich wollte alles loswerden“, erklärt Schumacher dem Spiegel im Jahr 2012.

Als das Buch letztlich in den Regalen der Buchhandlungen steht, verbreiten sich die dort enthaltenen Informationen wie ein Lauffeuer. Unter anderem behauptet Schumacher, sein Nationalmannschaftskollege Paul Breitner würde „wie ein Kosake“ saufen und Olaf Thon, ebenfalls an seiner im DFB-Trikot, wäre „sträflich dumm“.

Am 6. März, dem Tag von Schumachers 33. Geburtstag, entlässt der FC seinen Star-Keeper, auch der DFB erklärt seine Länderspiel-Karriere für beendet. Das tut dem Hype seines Werkes jedoch keinen Abbruch: „Anpfiff“ steht monatelang auf den Bestseller-Listen und wird in 15 Sprachen übersetzt. Obwohl das Schriftstück lange als Skandal-Buch bezeichnet wird, scheinen im modernen deutschen Fußball viele von Schumachers Forderungen – darunter verstärkte Förderung der Jugendarbeit, Videoanalysen oder ein vierter Offizieller – Einzug gefunden zu haben. Seit 2017 steht zudem das Nachfolge-Werk in den Geschäften: „Einwurf – Wahrheiten über den Fußball und mein Leben“.

1. FC Köln: 1989 – Christoph Daum gegen Bayern München – Aktuelles Sportstudio

In der Saison 1988/89 ist Christoph Daum bereits seit gut zweieinhalb Jahren Trainer beim 1. FC Köln. In kürzester Zeit wird er als Heilsbringer gefeiert, der es geschafft hat, den Verein aus dem Mittelfeld wieder an den Tabellenkopf der 1. Bundesliga heranzuführen. Im Mai 1989, eine Woche vor dem Spitzenduell zwischen Verfolger FC und Spitzenreiter Bayern München, kommt es beim „Aktuellen Sportstudio“ im ZDF zum offenen Schlagabtausch zwischen Daum auf der einen Seite, sowie dessen Widersachern Uli Hoeneß (Manager) und Jupp Heynckes (Trainer) aus dem Camp des Rekordmeisters. Außerdem sitzt Udo Lattek, der Chef-Kolumnist der neuen Zeitung Sportbild, mit in der Talkrunde. Dieser war erst im Februar 1988 von seinem Posten als Technischer Direktor bei den Rheinländern zurückgetreten.

Schnell wird es gehässig und so fliegen unzählige Giftpfeile in Form von Anschuldigungen durch den Raum. Während Bayern-Manager Hoeneß Daums Ende prophezeit, johlt das belustigste Publikum und stimmt „Zieht den Bayern die Lederhosen aus“ an. Das Spitzenspiel am 27. Mai geht mit 1:3 an die Münchener, die wenig später die elfte Meisterschaft bejubeln können.

1. FC Köln: 1991 – „Mach et, Otze!“

Der Name Frank Ordenewitz ist den meisten Kölner Fans wohl wegen seiner legendären Darbietung am 7. Mai 1991 in Erinnerung geblieben. An jenem Tag, dem Halbfinal-Spiel gegen den MSV Duisburg, verewigt sich der Mittelstürmer auf peinliche Art und Weise in den Geschichtsbüchern der Bundesliga. Da der FC-Spieler in der ersten Hälfte verwarnt wird und somit eine Gelbsperre für das mögliche Finalspiel droht, sucht er nach einem Ausweg, dieses Szenario abzuwenden.

Bereits in der Pause schmiedet er gemeinsam mit Trainer Erich Rutemöller den Plan, Gelb durch ein grobes Foulspiel in glattes Rot zu verwandeln. In der Theorie, so die Gedanken der zwei Beteiligten, würde „Otze“ laut Regelwerk nur für einen bestimmten Zeitraum und nicht exklusiv für den Pokal gesperrt werden. In der 85. Minute ist sein großer Moment schließlich gekommen: Beim Spielstand von 2:0 – Ordenewitz hatte in Minute 49 selbst treffen können – schießt der Angreifer den Ball nach einem Foulspiel „wütend“ – in Wahrheit heilfroh – weg und sieht den erhofften Platzverweis. In Unterzahl sorgt Maurice Banach sogar noch für den 3:0-Endstand.

Dummerweise verplappert sich Rutemöller nach Spielende und gesteht den Journalisten die einkalkulierte Unsportlichkeit: „Otze hat mich gefragt, da habe ich gesagt: ‚Mach et‘.“ Der DFB kann gar nicht anders und nimmt diese Einladung dankend an. So verpasst Ordenewitz das Endspiel am 22. Juni in Berlin gegen seinen Ex-Klub Werder Bremen. Mit 5:4 nach Elfmeterschießen wandert der Pott in einem echten Krimi an die Weser.

1. FC Köln: 1993 – Toni Polster & die Musik-Panne

Wir befinden uns in der ausverkauften BayArena am 4. September 1993. Es läuft die 83. Spielminute des 6. Spieltages im Rhein-Derby zwischen Bayer 04 Leverkusen und dem 1. FC Köln. Neuzugang Toni Polster sieht von Schiedsrichter Hans-Peter Best in seinem siebten Pflichtspiel für die Geißböcke nach grobem Einsteigen gegen Bayer-Spieler Paulo Sergio die Rote Karte. Der 1. FC Köln, der mit dem der mit der achtwöchigen Sperre des DFB für seinen Spieler nicht einverstanden ist, legt Berufung gegen das Urteil ein.

Geschäftsführer Wolfgang Schänzler reist gemeinsam mit seinem Spieler und anderen Vereinszugehörigen zu weiteren Verhandlungen zum Sportgericht nach Frankfurt am Main. Mit im Gepäck: Eine Videokassette, die den Angreifer entlasten, und das Strafmaß entsprechend verringern, soll. Als der Datenträger den Geschworenen im Saal jedoch vorgeführt wird, ertönt aus dem Röhrermonitor Karnevalsmusik von einer Kult-Band: „Auf einmal standen die Bläck Fööss vor uns und haben ‚Mer losse d’r Dom en Kölle‘ gesungen“, lacht Polster im Interview mit der ARD-Sportschau im März 2022. Hastig spulen die peinlich berührten Anwesenden das Video vor, doch auch nach Bläck Fööss geht es mehr rhythmisch als sportlich zur Sache. Nach etwa zwölf Minuten taucht endlich die gesuchte Spielszene auf.

Toni Polster tritt nach Leverkusens Paulo Sergio.
Ein Foul mit Folgen: Toni Polster (in Rot) tritt Leverkusens Paulo Sergio (Mitte) um. Sein Platzverweis soll später für viel Gelächter sorgen. © Sportstudio

Am Ende wird die Sperre von acht auf fünf Wochen reduziert. Die Lehren, die Polster aus diesem Fauxpas zieht, sind jedoch anderer Natur: „Ich habe mir geschworen, dass das nie wieder vorkommt, dass ich die ganzen Lieder nicht kenne. Ab der nächsten Session und Saison beim 1. FC Köln habe ich alle Lieder mitsingen können.“ (md) Fair und unabhängig informiert, was in NRW passiert – hier unseren kostenlosen 24RHEIN-Newsletter abonnieren.

Auch interessant