Köln mit Wucht und Wumms: Hänneschen macht Volkstheater – „Teil des kölschen Genpools“

Das „Hänneschen Theater“ verwandelt sich wenige Minuten nach Beginn der Vorstellung in einen Hexenkessel. Dem kölschen Charme der „Puppenspiele der Stadt Köln“ kann sich kaum einer entziehen, meint 24RHEIN-Gastautor Peter Pauls. Hier erklärt er, warum.
Köln – Das „Hänneschen Theater“ in Köln: Eine günstige Fügung hat mich in dieses Kleinod am Eisenmarkt geführt, das nur wenige Schritte vom Lärm der Junggesellenabschiede entfernt liegt. Hier ist es kleinstädtisch ruhig, als habe man eine unsichtbare Schwelle überschritten. An diesem Ort kann man den kölschen Wesenskern mit Wucht und Wumms erfahren, denn hier spielt das Hänneschen Theater. Fast 220 Jahre ist es alt und eine Institution. Fotos der Stockpuppen, mit denen wilde Schwänke aufgeführt werden, vermögen Reiz und Wirkung dieses Volkstheaters nur unvollkommen einzufangen. Man muss es erleben. 264 Zuschauer aller Altersgruppen und sozialer Schichten kauern auf harten Holzbänken und lauern auf ihren Einsatz, denn das Publikum ist Teil der Inszenierung. Ruft eine der Stockpuppen etwas, dann melden die Zuschauer sich vielstimmig zurück, als folgten sie einer Choreographie, die lange schon Teil des kölschen Genpools ist.
Warum das „Hänneschen Theater“ Köln pur ist
Das Stück, das wir sahen - „Wat mer versprich“ - setzte immer neue und oft freche Akzente. Die Zuschauer geizten nicht mit Beifall und ließen sich keine Gelegenheit entgehen, in den Klatschmarsch zu verfallen. Bereits wenige Minuten nach Beginn verwandelte sich das kleine Theater in einen Hexenkessel. Dass ausgerechnet Stockpuppen am Anfang und am Ende aller Spannung, grober Witze und spitzer Bemerkungen stehen, vergisst man im Nu dank großartiger Puppenspieler und einer Regie, die den Figuren auf den hölzernen Leib geschrieben ist. Für mich birgt das Hänneschen wuchtige Sinneseindrücke wie sonst nur eine Fahrt im Rosenmontagszug, so knackig sind die Charaktere gezeichnet und so gekonnt die Pointen gesetzt. Es ist Köln pur.
Knollendorf ist ein Stück Köln, auf das wir stolz sein können
Das Geheimnis dahinter? „Puppen, zumal die Knollendorfer, dürfen alles sagen, weil sie dies als Holzköpfe und nicht als Menschen tun“, erklärt Hänneschen-Intendantin Frauke Kemmerling. Was das Kölsche an ihrem Theater ist? „Bei uns findet man wie in Köln selbst eine Mischung von Menschen aus allen Schichten und Lebenslagen. Wir sind bunt wie die Stadtgesellschaft.“ Und prall vor Leben, laut und bunt, möchte man hinzusetzen.
Die Auslastung vor der Pandemie betrug 96 Prozent, die Kostendeckung liegt bei 50 Prozent. 70.000 Besucher jährlich erleben Hänneschen und Co. Auch das ist ein Aspekt von Volkstheater: Es ist nah an den Menschen, spricht ihre Sprache, und es verursacht wenig Kosten. Knollendorf ist ein Stück Köln, auf das wir stolz sein können.
Unser Gastautor Peter Pauls
Peter Pauls ist Vorsitzender des Kölner Presseclubs. Zuvor war er lange Jahre Chefredakteur der Tageszeitung Kölner Stadt-Anzeiger. Dieser Beitrag stammt aus dem Newsletter des Kölner Presseclub, den Sie hier abonnieren können.
Das Kölner „Hänneschen Theater“
- Das „Hänneschen Theater“ wurde 1802 gegründet
- Der offizielle Titel lautet „Puppenspiele der Stadt Köln“, die Stadt ist seit 1926 Träger des Stockenpuppen-Theaters
- Hänneschen ist vermutlich die beliebteste Figur der Stücke – der lustige, clevere Held
- Beliebt wie gefürchtet ist der Speimannes – diese Puppe nimmt kein Blatt vor den Mund, trotz feuchter Aussprache
- Den Rosenmontagszug 2021 führten Hänneschen-Puppen durch – das „Original“ war wegen Corona ausgefallen
- Intendantin des „Hänneschen Theater“ ist seit 2012 Frauke Kemmerling
- Das „Hänneschen Theater“ hat bis zu 279 Plätze, Adresse: Eisenmarkt 2-4, 50667 Köln