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Drogen-Problem am Neumarkt: Scharfe Kritik an der Stadt –„Scheitern mit Ansage“

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Von: Johanna Werning

Links: Der Neumarkt in Köln mit Blick auf das Gesundheitsamt. Rechts: Ein Drogensüchtiger konsumiert Drogen auf offener Straße, während eine Frau sich ihre nächste Drogenration zubereitet.
Was in Frankfurt das Bahnhofsviertel ist, wird in Köln immer mehr der Neumarkt (IDZRW-Montage) © Beautiful Sports/Imago & Boris Roessler/dpa

Das Drogen-Problem am Neumarkt in Köln ist schlimmer geworden. Das sagt die Bürgerinitiative Zukunft Neumarkt e.V. Auch SPD und FDP kritisierten die Stadt.

Köln – „Ab 18 Uhr geht es richtig ab. Überall werden Drogen gedealt, gekauft und konsumiert – teilweise auch in großen Gruppen“, beschreibt Walter Schuch, Vorstandsmitglied der Bürgerinitiative Zukunft Neumarkt e. V., die derzeitige Drogen-Situation am Neumarkt. Der Platz in der Kölner Innenstadt gilt mittlerweile als Sinnbild für das Drogenproblem in Köln – vor allem in den Abend- und Nachtstunden sorgen Drogen hier für große Probleme. Dabei sollte es mit dem im Mai eröffneten Drogenkonsumraum im Gesundheitsamt eigentlich besser werden.

Köln: Drogen am Neumarkt – „Es ist schlimmer als vorher“

„Doch das Gegenteil ist der Fall“, so Schuch im Gespräch mit 24RHEIN. „Das Ergebnis ist genau das, was wir befürchtet haben. Es ist schlimmer als vorher.“ Denn der Drogenkonsumraum im Gesundheitsamt ist viel zu klein und die Öffnungszeiten zu kurz, klagt der 69-Jährige. „Die konsumieren und sind direkt wieder im öffentlichen Raum. Die Situation ist untragbar.“ Denn immer mehr aggressive Konsumenten und Dealer nehmen den Neumarkt ein, so die Bürgerinitiative.

Das bestätigt auch der leitendene Polizeidirektor Martin Lotz gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger. „Die Drogenkonsumenten kommen natürlich nicht zum Neumarkt, konsumieren dort und fahren wieder nach Hause. Manche haben eine so enge Taktung, dass sie alle paar Stunden konsumieren. Das heißt: Sie gehen da gar nicht erst weg.“

Und wie reagiert die Stadt? „Die machen nichts und das ist für die Anwohnerschaft nur schwer zu verstehen. Das Umfeld hier ist am Kochen.“ Der Vorwurf der Anwohner und der Bürgerinitiative: Es wird viel geredet, aber wenig unternommen. „Die Gespräche laufen seit mehreren Jahren, aber wenn man das an den Ergebnissen misst, ist das relativ traurig“, sagt Schuch, der selbst ein Geschäft am Neumarkt hat. Die Frage, die immer wieder bei Schuch, der Bürgerinitiative und den Anwohnern am Neumarkt aufkommt: „Warum handeln die nicht?“

Das ist die Bürgerinitiative Zukunft Neumarkt e.V.

► Die Bürgerinitiative Zukunft Neumarkt wurde im Mai 2017 gegründet

► Sie ist ein Zusammenschluss von Anwohnern, Hauseigentümern, Gewerbetreibenden und Geschäftsleuten rund um den Neumarkt und in den angrenzenden Stadtvierteln. 

► Die Bürgerinitiative will „die drängenden Probleme und Herausforderungen gemeinsam mit den Verantwortlichen lösen“. Das Ziel: Die Kölner Innenstadt und insbesondere das Neumarktgebiet als bürgernahen Lebens- und Wirtschaftsraum erhalten, stärken und mitgestalten.

Drogen-Problem am Neumarkt: Kritik an der Stadt Köln – „Scheitern mit Ansage“

Ähnlich sehen es auch die SPD und die FDP in Köln. „Was wir derzeit am Neumarkt beobachten müssen, ist ein Scheitern mit Ansage der Kölner Stadtspitze“, betont Christian Joisten, SPD-Fraktionsvorsitzender. „Wieder einmal wurden die Dinge laufen gelassen, statt mit einem Konzept aus einer Hand die Probleme pragmatisch und lösungsorientiert anzupacken. Der Drogenkonsumraum allein kann die Probleme nicht lösen, sondern ist ein Hilfsangebot für die Drogensüchtigen.“ Man müsse dafür sorgen, den Neumarkt „wieder der Kölner Bevölkerung zurückzugeben“, heißt es weiter.

Und auch die FPD betont: „Kölnerinnen und Kölner sind über diese Zustände an einem der wichtigsten Verkehrsknoten fassungslos und meiden den Aufenthalt nach Möglichkeit. Anwohner und Geschäftsleute können nicht ausweichen und leiden.“

Mehr Straftaten gibt es laut Polizeidirektor Lotz aber nicht. „Die meisten Personen dort treten auch nicht aggressiv auf, aber es gibt natürlich Ausnahmen.“ Aber: „Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, das hat sich toll entwickelt. Das ist leider nicht der Fall, überrascht mich aber auch nicht.“ Der Grund: „Der Betreuungsbedarf für Schwerstabhängige, Obdachlose und soziale Randgruppen generell orientiert sich halt nicht an Bürozeiten. Deshalb ist das Problem auch nicht mit einem Drogenkonsumraum alleine zu lösen. Es gibt sicher noch viel zu tun, was darüber hinausgeht.“ Aber was sagt die Stadt Köln zu den Vorwürfen?

Trotz Kritik an Drogen-Neumarkt: Stadt Köln: „Situation hat sich verbessert“

„Aus Sicht des Aufsuchenden Sucht-Clearings (ASC) hat sich die Situation nicht verschlimmert. Darüber hinaus sehen wir, dass sich die Situation während der Öffnungszeiten des Drogenkonsumraumes verbessert hat“, so eine Stadtsprecherin auf Nachfrage von 24RHEIN. Darum sollen die Öffnungszeiten in den kommenden Wochen und Monaten auch weiter ausgebaut werden.

Laut Schuch und der Bürgerinitiative Zukunft Neumarkt dürfe das allerdings nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein. „Das ist leider nicht überraschend“, sagt das Vorstandsmitglied zur Äußerung der Stadt. Und auch die Tatsache, „dass sich die Situation verbessert hat, sehe ich nicht so“. Stattdessen blieben die Kunden in den Geschäften rund um den Neumarkt auch weiterhin aus. (jw) Fair und unabhängig informiert, was in Köln passiert – hier unseren kostenlosen 24RHEIN-Newsletter abonnieren.

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