11.11. in Köln: „Fast schon erschreckend ruhig“ – Bilanz zum Corona-Karneval

Der 11.11. in Köln lockte Zehntausende Jecken auf die Straße – trotz Coronavirus. Jetzt ziehen Stadt, Polizei und Festkomitee eine Bilanz zum Karneval.
Köln – Der Auftakt in den Kölner Karneval ist geschafft. Trotz hoher Corona-Inzidenzen feierten Zehntausende den 11.11. in Köln. Das wurde in den sozialen Medien zum Teil heftig kritisiert. Jetzt ziehen Stadt, Polizei und Festkomitee Kölner Karneval Bilanz zum Sessionsauftakt.
11.11. in Köln: Stadt plant Sondersitzung zum Karneval
„Nach einer ersten Einschätzung sind unsere Konzepte für den 11.11. weitgehend aufgegangen“, sagt Andrea Blome am Freitag. „Wir werden am kommenden Montag im Rahmen einer Sondersitzung des Krisenstabes gemeinsam mit der Polizei und weiteren Akteuren analysieren und beraten, was weniger gut und was besonders gut funktioniert hat, damit wir für den Straßenkarneval in einigen Monaten nachsteuern können.“
Grundsätzlich spricht man sich jedoch auch weiterhin für die 2G-Regel aus. „Zum einen wäre es fraglich gewesen, ob ein Feierverbot für Geimpfte und Genesene erforderlich gewesen wäre“, so die Stadt „zum anderen wären die Grundrechte der Geimpften und Genesenen und die Rechte der Gastronomen am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu berücksichtigen.“
11.11.: Reker zufrieden – „11.11. ist ein wichtiger Bestandteil von Köln“
Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker sagte am 11.11. auf einer Pressekonferenz: „Ich kann ruhigen Gewissens sagen, dass es richtig war, heute zu feiern.“ Dank der 2G-Regel sei der Sessionsauftakt möglich gewesen.
„Ich bin der festen Überzeugung, dass uns eine Absage wie im vergangenen Jahr diesmal nicht gelungen wäre. Der 11.11. ist ein wichtiger Bestandteil von Köln. Die Menschen hätten sich ein vollständiges Verbot nicht mehr gefallen lassen, das wäre auch rechtlich nicht mehr möglich gewesen“, so die OB.
11.11. in Köln: Polizei bezieht erste Bilanz zum Karneval
Auch die Polizei Köln zieht eine erste Bilanz zum 11.11.: „Es war fast schon erschreckend ruhig“, sagte ein Sprecher. 112 Anzeigen wurden gefertigt, darunter Körperverletzungen und Sexualdelikte. 34 Personen wurden in Gewahrsam genommen. Insgesamt waren 1100 Polizeikräfte während des Sessionsauftaktes im Einsatz.
Am späten Nachmittag kam es dennoch zu einzelnen Ausschreitungen. Im Bereich der Zülpicher Straße feierten unzählige Jecken, darunter mit erhöhtem Alkoholkonsum. Um eine Eskalation zu verhindern, griff die Polizei „frühzeitig und konsequent“ ein, heißt es weiter.
- 11.11. in Köln: Bilanz der Polizei
- Die Polizei schritt insgesamt 258 Mal ein und erteilten 165 Platzverweise.
- 34 überwiegend alkoholisierte, teilweise randalierende Personen nahmen die Beamten in Gewahrsam.
- 112 Strafanzeigen wurden gestellt: 39 Anzeigen gegen Körperverletzungen, acht Anzeigen gegen Widerstandshandlungen, acht Anzeigen gegen Sachbeschädigungen und vier Anzeigen wegen Taschendiebstähle.
- In 11 Fällen ermittelt die Polizei Köln derzeit im Zusammenhang mit angezeigten Sexualdelikten: Siebenmal sollen Frauen sexuell belästigt worden sein. In einem Fall ordnete ein Richter gegen einen 24-jährigen Mann die Hauptverhandlungshaft an. Darüber hinaus liegen der Polizei Köln vier Anzeigen zu mutmaßlichen Vergewaltigungen vor.
- Hinweis: „Die Auflistungen stehen unter dem Vorbehalt, dass noch weitere Anzeigen bei der Polizei Köln eingehen können, oder auch dass Delikte im Zuge der Ermittlungen anders eingeordnet werden müssen. Eine letztendlich abschließende Bewertung ist vielfach erst zu einem späteren Zeitpunkt und nach weiteren Ermittlungen möglich“, so die Polizei am Freitag.
11.11. in Köln: Ordnungsamt bezieht Bilanz
Bereits seit dem frühen Donnerstagmorgen bis in die Nacht zum Freitag waren die Mitarbeitenden des Ordnungsamtes im Einsatz. Die meisten Einsätze und Maßnahmen führte der Ordnungsdienst im Bereich rund um das Zülpicher Viertel. „Die Einsatzzahlen außerhalb der beiden Bereiche Altstadt und Kwartier Latäng waren gering. Auch außerhalb des Karnevals-Geschehen gab es im Stadtgebiet laut Ordnungsdienst keine besonderen Lagen“, so die Stadt.
- Rettungsdienst-Bilanz:
- In der Altstadt haben die Hilfsorganisationen und Sanitätsdienste 103 Rettungseinsätze gehabt.
- Im Zülpicher Viertel waren 187 Einsätze.
- Bilanz des Ordnungsamts:
- Einsatzgebiet Altstadt:
- 15 Wildpinkler wurden festgestellt.
- Verstöße gegen die Corona-Schutzverordnung in der Altstadt
- In einem Betrieb stellten die Ermittler zwei Gäste ohne Immunisierungsnachweis fest. Betrieb und Feiernde erwartet ein Bußgeldverfahren.
- In Einzelhandel, ÖPNV und Gaststätten wurden ferner weitere 14 Infektionsschutz-Verstöße registriert (fehlende medizinische Maske, fehlende Hygienemaßnahmen).
- Das Ordnungsamt führte 31 Präventivgespräche mit Jugendlichen. In 13 Fällen mussten Minderjährige Tabak oder Alkohol aufgeben bzw. dieser wurde sichergestellt.
- 29 Ansprachen erfolgten wegen des Glasverbotes. Achtmal wurden Getränke umgefüllt oder Glasflaschen abgenommen.
- Auf Grundlage der Kölner Stadt-Ordnung mussten dort 17 Maßnahmen geführt werden.
- Im Bereich Altstadt musste die Verkehrsüberwachung neun Wagen sicherstellen und 54 Verwarngelder verhängen.
- Einsatzgebiet Zülpicher Viertel:
- Die meisten Einsätze in Köln fanden hier statt, allein 166 Wildpinkler wurden festgestellt.
- Die Einsatzkräfte führten 161 Präventivgespräche mit Jugendlichen.
- In 13 Fällen mussten Minderjährige Alkohol oder Tabak freiwillig abgeben oder dieser wurde sichergestellt.
- 52 Ansprachen erfolgten wegen des Glasverbotes, in 31 Fällen mussten Feiernde ihre Getränke umfüllen oder die Glasbehälter wurden durch die Einsatzkräfte abgenommen.
- Die Mitarbeitenden kümmerten sich um 16 hilflose Personen.
- 21 weitere Maßnahmen mussten wegen Verstößen gegen die Kölner Stadt-Ordnung geführt werden, vor allem wegen Außenbeschallung durch Musikboxen im öffentlichen Raum.
- Auch mehrere Ruhestörungen im Viertel wurden geahndet.
- „Bedeutendster Einsatz“ war laut Stadt die Auflösung einer Party an der Dasselstraße. Kräfte des Ordnungsdienstes wurden dort gegen 22:25 Uhr zu einer Ruhestörung gerufen. Im Obergeschoss eines Hauses stellten sie erheblichen Lärm durch eine Party fest. Beim Eintreffen wurden die Kräfte mit Flaschen beworfen. 69 Personen hatten in der Wohnung lautstark gefeiert. Die verantwortliche Person erwartet ein Ordnungswidrigkeiten-Verfahren samt drohendem Bußgeld.
- Verstöße gegen die Corona-Schutzverordnung im Zülpicher Viertel:
- Das Ordnungsamt stellte 22 Verstöße gegen die Corona-Schutzverordnung fest.
- Neun Gastro-Betriebe erwartet ein Ordnungswidrigkeiten-Verfahren mit drohendem Bußgeld. Beispielsweise fehlten Hygienemaßnahmen.
- Zehn Verstöße wurden wegen fehlender medizinischer Maske in Fahrzeugen oder Anlagen des ÖPNV registriert.
- Weitere Einsätze im Zülpicher Viertel:
- Im Bereich Kwartier Latäng und Severinsviertel mussten 23 Autos abgeschleppt werden
- In 78 Fällen wurde gegen unzulässig abgestellte Fahrzeuge ein Verwarngeld angeordnet.
11.11. in Köln: Kostümierter Mann von Zug erfasst
Einen tragischen Unfall hatte die Bundespolizei aus Köln in ihrer Bilanz zu beklagen. So wurde am Abend des 11.11. in Köln-Vingst ein kostümierter Mann von einem Zug erfasst. Er hatte sich laut Polizeiangaben zu nah ans Gleis bewegt. Zudem störten mehrfach Personen den Bahnverkehr am Bahnhof Köln-Süd, weil sie über die Gleise liefen. Es kam zu mehreren Gleissperrungen, die zu Verspätungen bei den Zügen sorgten.
11.11. in Köln: Karnevalspräsident zum Karneval – „weitgehend gelungen“
Doch trotz der Zwischenfälle zieht Christoph Kuckelkorn, Präsident des Festkomitees Kölner Karneval, insgesamt eine positive Bilanz. „Für die Kölner gehört der Karneval fest zum Leben und das Bedürfnis danach war groß. Deshalb müssen wir einen Tag wie den 11.11. so gut wie möglich organisieren, weil sonst Eskalationen drohen. Ich denke, das ist weitgehend gelungen.“ Dabei sei der Tag „ruhiger gelaufen als in normalen Jahren“.
11.11. in Köln: Laumann spricht sich für Karneval aus – trotz Corona
Und auch einen Tag nach dem Start in den Karneval hat NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann die Feierlichkeiten verteidigt. „Wir wollen den Karneval nicht verbieten“, sagte Laumann am Freitag in Düsseldorf. Der Unterschied zur Session des Vorjahres sei, dass 85 Prozent der Menschen über 18 Jahre geimpft seien. Auch die Auffrischungsimpfungen kämen voran. Außerdem waren zum Sessionsauftakt nur 2G-Veranstaltungen erlaubt.
Viele befürchten allerdings, dass die Sieben-Tage-Inzidenz in Köln nach den Karnevalspartys noch stärker ansteigen könnte. Auch Karl Lauterbach zeigte sich im Vorfeld auf den Corona-Karneval skeptisch. Der Gesundheitsexperte und SPD-Politiker warnte, dass „der Karneval zum Superspreader-Event werden“ kann. Die genauen Auswirkungen zeigt sich allerdings erst in den nächsten Tagen. (jw und bs mit dpa) Mehr News auf der 24RHEIN-Homepage. Tipp: Täglich informiert, was in Köln passiert – einfach unseren kostenlosen 24RHEIN-Newsletter abonnieren.