Köln: Martin Börschel tritt nicht mehr zur Landtagswahl an – winkt ein Spitzenposten?

Der Kölner SPD-Spitzenmann und Landtagsabgeordnete Martin Börschel tritt bei der NRW-Wahl 2022 nicht mehr an. Winkt ein attraktive Alternative in der Wirtschaft - oder etwa in Berlin?
Köln – CDU und SPD: Die beiden ehemaligen Volksparteien brauchen Rat: Prof. Manfred Güllner und sein Meinungsforschungsinstitut Forsa messen aktuell nur noch 20 Prozent für die Union und 25 für die SPD – magere Werte. Interessant ist das vergleichsweise große Vertrauen in Olaf Scholz (53 von 100 möglichen Punkten), aber dramatisch schlechte Werte für alle anderen Spitzengenossen. Schlusslicht ist die Vorsitzende Saskia Esken (21 Punkte), die in ihrer Unbeliebtheit nur noch von der AfD-Fraktionschefin Alice Weidel überboten wird. Lediglich Generalsekretär Lars Klingbeil und der Kölner Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach können bei den Wählerinnen und Wählern bestehen - Lauterbach kommt immerhin auf 40 von 100 Punkten. Ob es für eine mögliche Kanzlerpartei reicht, dass nur eine einzige Führungspersönlichkeit mehrheitlich Vertrauen genießt, das muss sich noch zeigen.
Landtagswahl NRW: Kölner Spitzenpolitiker Martin Börschel (SPD) tritt nicht mehr an
Und da wir gerade bei der SPD sind: Martin Börschel tritt zur Landtagswahl NRW im Mai kommenden Jahres nicht mehr an. Mit seinem Namen (und dem seines Alter Ego Jochen Ott) verbindet sich die Wiederauferstehung der Kölner SPD nach den Skandalen um die Jahrtausendwende. Börschel und Ott waren es, die nach Insidergeschäften und Müllaffäre die Partei konsequent aus der Existenzkrise geführt und einen Neuanfang geschafft haben. Den klugen Strategen Martin Börschel, der bis weit in bürgerliche Kreise hinein geschätzt und geachtet wurde, verließ dann 2018 sein politischer Instinkt, als er auf den neu geschaffenen und gutdotierten Posten eines hauptamtlichen Geschäftsführers des Stadtwerke-Konzerns wechseln wollte.
24RHEIN-Gastautor Michael Hirz
Der Publizist Michael Hirz war bis vor kurzem Programm-Geschäftsführer des Politik-Senders Phoenix und hat u. a. den „Internationalen Frühschoppen“ moderiert. Jetzt ist Michael Hirz freier Journalist, Kommunikationsberater und sitzt im Vorstand des Kölner Presseclub. Dieser Beitrag stammt aus dem Newsletter des Kölner Presseclub.
Als Folge der öffentlichen Kritik am Hinterzimmer-Deal legte Börschel seine Kölner Ämter nieder, blieb aber als einer der kenntnisreichsten und bestvernetzten Akteure aktiv. Der Rückzug aus dem Landtag kommt jetzt zu einem Zeitpunkt, wo die Sozialdemokratie einen leichten Aufwind verspürt. Da scheint bei dem gelernten Rechtsanwalt entweder der Wunsch nach einem politikfernen Leben übergroß. Oder er hat eine attraktivere Alternative. Vielleicht auch von beidem etwas. Wir werden es demnächst erfahren.
Das ist Martin Börschel
- Martin Börschel wurde 1972 in Köln geboren, ist studierter Jurist
- Seit 2005 sitzt Martin Börschel für die SPD im Landtag von NRW, zuletzt mit einem Direkt-Mandat im Wahlkreis Köln VII (Kölner Stadtbezirk Mülheim)
- Fast 20 Jahre lang war Börschel auch im Rat der Stadt Köln, zog in der SPD-Fraktion die Strippen
- Bereits in jungen Jahren übernahm er Verantwortung, nachdem die Kölner SPD um die Jahrtausendwende von einem Spendenskandal erschüttert wurde
- 2018 schlug ihn der Aufsichtsrat der Stadtwerke Köln für die neue Position eines hauptamtlichen Geschäftsführers in der städtischen Holding vor
- Der für Martin Börschel vorgesehene Stadtwerke-Posten wurde neu geschaffen, es erfolgte keine Ausschreibung, was auf massive Kritik stieß: Posten-Versorgung zwischen CDU, SPD und Grünen – Klüngel-Verdacht
- Schließlich wurde auf die Wahl verzichtet, doch Martin Börschel musste Konsequenzen ziehen – er legte sein Amt als SPD-Fraktionschef im Rat nieder, verzichte auf seinen Sitz im Stadtrat