Wie geht es mit der Neuen Mitte Köln weiter? Vorstudie, Gespräche und Kosten

So viel ist klar: Die Entwürfe zur Neuen Mitte Köln machen was her. Aber wird dieses revolutionäre Projekt überhaupt von der Politik unterstützt?
Köln – Mit der Neuen Mitte Köln soll ganz Köln ein komplett neues Gesicht bekommen: Der Hauptbahnhof Köln soll nach Köln-Kalk verlegt und die Innenstadt bis ins Rechtsrheinische vergrößert werden. Die dadurch freigewordene Fläche soll für neue Parks, Büroflächen, Geschäfte und Wohnraum Platz machen. So die Vision. Aber ist das umsetzbar? Hat das Konzept Neue Mitte Köln auch Unterstützer, die daran glauben? 24RHEIN hat mit der Kölner Politik gesprochen.
Die Vision Neue Mitte Köln
► Der Kölner Hauptbahnhof zieht vom Kölner Dom nach Köln-Kalk. Von hier fährt der Fernverkehr.
► Der Schienenstrang, der die Innenstadt zerschneidet: Er könnte verschwinden oder weniger Fläche verbrauchen, da der bisherige Hauptbahnhof Köln am Dom zum unterirdischen Regionalbahnhof umgewandelt wird.
► Die Hohenzollernbrücke am Dom könnte nach New Yorker Vorbild zur Highline werden.
► In der Kölner Innenstadt entstehen neue Flächen für Freizeit, Wohnen, Büros.
Neue Mitte Köln: Das sagt die Kölner Politik zum Großprojekt
Noch ist die Neue Mitte Köln lediglich eine Vision. Doch das Projekt von Paul Böhm nimmt Fahrt auf. Über 6000 Unterschriften hat der Verein Neue Mitte Köln gesammelt und die Petition bereits bei der Stadt eingereicht. Aktuell läuft eine Vorstudie für das Konzept. Im April soll es erste Ergebnisse geben. Dabei werden Kriterien, Konzepte, Anforderungen und Grundlagen für die eigentliche Machbarkeitsstudie erarbeitet. Doch ohne die Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger und deren Vertreterinnen und Vertreter im städtischen Rat wird es nicht gehen.
- Christiane Martin, Grünen-Fraktionschefin im Kölner Rat: „Viele sagen, es ist eine absolute Spinnerei. Das sehe ich nicht. Ich finde, es ist eine richtig coole Vision. Vielleicht kann man einzelne Teile realisieren.“
- Bernd Petelkau, CDU-Fraktionschef: „Die Idee hat natürlich einen grundsätzlich positiven Charme. Es gibt jedoch einige Schwierigkeiten bei dem Projekt“ – und die müsse man gerade zu Beginn klären.
- Christian Joisten, SPD-Fraktionschef: „Es ist ein sehr spannendes Projekt, das nicht nur eine städtebauliche Perspektive hat. Gerade mit Blick auf den Verkehr ist die Neue Mitte Köln interessant. Die Fernverbindungen könnten natürlich viel schneller durch den Kölner Bereich fahren – eben weil die Gleise nicht quer durch die Stadt verlaufen.“
- Ralph Sterck, FDP-Fraktionschef: „Es ist eine interessante Idee: Man muss aber ganz klar überlegen, was man damit gewinnt: Eine grüne Hohenzollernbrücke wie die Highline in New York ist am Ende nicht ausreichend.“
- Manuel Jeschka, Volt-Ratsmitglied: „Grundsätzlich ist es ein sehr spannendes Konzept. Gerade die neu entstehenden Wohnungen und die Grünflächen wären für die Kölner Innenstadt sehr gut.“
„Ein Verkehrskonzept, das positive Auswirkungen auf die Kölner Stadtentwicklung hätte“
Grundsätzlich sind sich die Vertreterinnen und Vertreter von CDU, Grünen, SPD, FDP und Volt einig, dass es sich bei der Neuen Mitte Köln um eine ganz besondere Vision handelt. Immerhin könnten mit dem Projekt sogar komplett neue Möglichkeiten für die Stadt entstehen, so CDU-Mann Bernd Petelkau. „Die Diskussion, den Hauptbahnhof zu verlegen, kommt immer wieder, weil die zentrale Stelle neben den ganzen Vorteilen natürlich auch viele Nachteile hat“, sagt FDP-Politiker Ralph Sterck. „Aus der alten Stadtmauer ist mehr oder weniger eine Neue geworden – in Gleisform.“ Das könnte sich mit der Neuen Mitte Köln ändern.
„Die begrünte Hohenzollernbrücke in Anlehnung an New York ist wunderbar, aber es ist ja klar, dass das vor allem der Marketing-Stempel ist“, erklärt Christiane Martin (Grüne). Der Hauptaspekt ist vielmehr, „dass die einzelnen Verkehrsströme nicht mehr quer durch die Stadt führen.“ Das Nadelöhr Hohenzollernbrücke könnte umgangen werden. „Die Fernverbindungen wären schneller und der Güterverkehr würde nicht mehr durch die ganze Stadt fahren“, so die Kommunalpolitikerin. „Letztendlich ist es ein Verkehrskonzept, das dabei auch positive Auswirkungen auf die Stadtentwicklung hätte.“
Positive Auswirkungen gäbe es zum Beispiel auf den derzeit angespannten Wohnungsmarkt, so Manuel Jeschka von Volt. „Wie der Wohnungsmarkt aktuell ist, kann es künftig nicht weitergehen und auch verkehrstechnisch könnte Köln sicherlich besser aufgestellt sein.“ Die Neue Mitte zeigt, wie es gehen könnte, so der Volt-Kommunalpolitiker. Immerhin kann durch den Gleis- und Straßen-Wegfall Platz für neuen Wohnraum geschaffen werden.
Zustimmung für Neue Mitte Köln: Aber „man muss Risiken bedenken“
Doch einfach ist die Umsetzung nicht. „Man muss natürlich die Risiken bedenken“, sagt Jeschka weiter. Ob die Neue Mitte Köln tatsächlich umgesetzt werden kann, ist fraglich, erklärt Grünen-Politikerin Christiane Martin. „Köln ist keine unbebaute Fläche, sondern eine dicht bebaute Stadt, die baut man nicht mal eben so um.“
Ein weiteres Problem: die Finanzierung. Das Projekt steht und fällt mit der Beteiligung der Deutschen Bahn, so Bernd Petelkau von der CDU. Das Unternehmen muss die komplette Rechnung für den Umzug des Hauptbahnhofs Köln zahlen, sagt der Kommunalpolitiker weiter. Doch genau „das könnte schwierig werden.“ Immerhin spricht man bei der Neuen Mitte Köln sicherlich von mehreren Milliarden. Ähnlich sieht es FDP-Politiker Ralph Sterck: „Wo soll man das Geld hernehmen? Das Geld hat die Deutsche Bahn nicht. Das Geld hat die Stadt nicht und auch der Bund hat das Geld nicht.“
Und auch SPD-Politiker Christian Joisten ist „skeptisch, dass die Neue Mitte Köln in naher Zukunft umsetzbar ist.“ Denn die Kapazitätsgrenzen in Köln sind erschöpft. „Man muss ganz klar sagen, dass aktuell die Stadt erst einmal ihre Hausaufgaben machen muss und da haben wir aktuell genug zu tun.“
Wie geht es mit der Neuen Mitte Köln weiter? Vorstudie, Gespräche und Kosten
Das Projekt darum aufzugeben, sei dennoch der falsche Weg. Da sind sich die Kommunalpolitikerinnen und -Politiker einig. „Da lohnt es sich schon, intensiv drüber zu diskutieren, wie man das historische Erbe linksrheinisch mit der Weiterentwicklung des Rechtsrheinischen verbinden kann“, so CDU-Mann Petelkau. Immerhin ist Köln eine Metropole – und soll es bleiben, sagt der Kölner SPD-Vorsitzender Joisten. „Darum muss Köln jeden Tag neu gedacht werden.“
So geht es mit der Neuen Mitte Köln weiter
► Aktuell findet eine Vorstudie zur Neuen Mitte Köln statt. Dazu gehören auch Expertinnen- und Experteninterviews, erklärt der Verein Neue Mitte Köln. Diese Ergebnisse werden mit der Vorstudie im April vorgestellt.
► Außerdem wurden im Rahmen der Petition Gespräche mit Politik und Verwaltung geführt.
► Konkrete Zahlen in Bezug auf die Kosten können derzeit noch nicht geführt werden, so der Verein zu 24RHEIN. Allerdings soll bei den Ergebnissen der Vorstudie „Aussagen über den finanziellen Rahmen“ gegeben werden.
„Wir brauchen gerade in Köln Visionen“
„Ich glaube, dass wir gerade in Köln Visionen brauchen und da ist die Neue Mitte Köln eine tolle Gelegenheit. Es ist gut, dass weiter darüber nachgedacht wird und das Projekt in einem gewissen Rahmen weiter vorangetrieben wird“, so Christiane Martin, die Grünen-Fraktionsvorsitzende in Köln. „Es ist gut, dass jetzt die Vorstudie von einem renommierten Institut läuft. Und danach die richtige Studie durchgeführt wird. Anhand der Ergebnisse kann man dann schauen, wie es weitergeht“, so Volt-Politiker Jeschka.
Gleichzeitig heißt es aber auch: Mehr als Gespräche seitens der Stadt sind derzeit nicht drin, erklärt CDU-Politiker Petelkau. Sterck von der FDP will es ebenfalls langsam angehen, die Neue Mitte Köln jedoch im Blick behalten: „Bei bestimmten Entscheidungen kann man schon jetzt gucken, ob es mit der Neuen Mitte Köln kompatibel ist.“ Konkret: „Wir sollten schon jetzt sehen, dass wir nichts verbauen.“(jw) Fair und unabhängig informiert, was in Köln passiert – hier unseren kostenlosen 24RHEIN-Newsletter abonnieren.