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Ende einer Ära: Rewe schafft Werbeprospekte ab – wegen Klimaschutz

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Von: Nina Büchs

Nach Otto, Ikea und Obi verzichtet mit Rewe auch der erste deutsche Supermarkt auf den Werbeprospekt aus Papier.

Köln – Paukenschlag bei Rewe: Als erster Lebensmittelhändler in Deutschland will die Supermarkt-Kette künftig auf die gedruckten Werbeprospekte verzichten. Dies teilte das Unternehmen am Mittwoch, 27. Juli, in Köln mit. Mit dieser Entscheidung geht Rewe einen großen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit. Denn mit der Einstellung der Prospekte werden dem Unternehmen zufolge mehr als 73.000 Tonnen Papier, 70.000 Tonnen CO2, 1,1 Millionen Tonnen Wasser und 380 Millionen kWh Energie pro Jahr eingespart.

Rewe schafft Prospekt aus Papier ab

„Zum 1. Juli 2023 wird der Druck und die Verteilung der Prospekte eingestellt, dafür die Artikelwerbung über neue und bekannte Medien erheblich ausgebaut“, heißt es in einer Mitteilung. Der Werbeprospekt erscheint wöchentlich und wird bundesweit in mehr als 3.700 Märkten sowie in Millionen von Haushalten verteilt, so das Unternehmen.

Die Entscheidung, das älteste Werbemittel der Branche einzustellen, sei bereits einige Zeit zuvor getroffen worden, so Rewe. Doch insbesondere die aktuelle Diskussion um die Energieversorgungssicherheit in Deutschland habe die Umsetzung dieser Maßnahme „beschleunigt“. Bevor der Prospekt im kommenden Jahr dann ganz eingestellt wird, soll zunächst ab Anfang August 2022 bereits die Auflage der Papier-Handzettel um 4 Millionen Stück reduziert werden. Insgesamt werden pro Woche 25 Millionen Handzettel ausgeliefert.

 Wie viele Menschen lesen den Handzettel überhaupt noch?

„Viele Familien lesen sie samstags am Frühstückstisch. Sie werden aktiv konsumiert – und das macht sie für den Handel so wertvoll. Das ist etwas ganz anderes, als wenn man mit Fernsehwerbung, Radiospots oder Online-Bannern berieselt wird und das mehr oder weniger unwillig über sich ergehen lässt“, sagt Jens-Peter Gödde vom Kölner Institut für Handelsforschung (IFH).

Nach einer repräsentativen Umfrage von IFH Media Analytics lesen 90 Prozent der Menschen in Deutschland zumindest gelegentlich gedruckte Prospekte – gut drei Viertel aller Befragten sogar jede Woche.

Rewe verzichtet auf Papierprospekte – es gibt eine Alternative

„Dieser Schritt reduziert nicht nur unseren CO2-Fußabdruck massiv, er ist auch ein weiterer Meilenstein im Rahmen unserer Klimaziele – und gleichzeitig in Krisenzeiten ein solidarischer Beitrag, die herausfordernde Versorgungssicherheit bei Energieträgern in unserem Land für die Zukunft zu unterstützen“, so Lionel Souque, Vorstandsvorsitzender der REWE Group. Was aber heißt das nun konkret – wie können sich Kunden künftig über Rewe-Angebote informieren?

Die Antwort ist einfach: „Im Kern werden die Handzettel-Inhalte digitalisiert“, so Rewe. Statt eines Handzettels aus Papier wird es den Werbeprospekt auf der Homepage sowie in der Rewe App geben. Ergänzend wird Rewe unter anderem die wöchentlich über 200 Aktionsartikel verstärkt in klassischen Medien bewerben, heißt es.

Rewe verzichtet auf Werbeprospekt – folgen weitere Supermärkte?

Andere Supermärkte wie Aldi, Lidl oder Edeka haben derzeit noch nicht bekannt gegeben, ob auch sie künftig auf Werbeprospekte aus Papier verzichten wollen. Ganz anders sieht es in anderen Branchen aus. Bereits Ende 2020 gab zum Beispiel der schwedische Möbelriese Ikea das Aus seines gedruckten Prospekts bekannt. Der Versandhändler Otto verzichtet seit 2018 auf die Produktion des Werbe-Katalogs. „Wir haben überhaupt nicht darunter gelitten. Es gab keine Umsatzeinbrüche“, zog ein Unternehmenssprecher in dieser Woche Bilanz. So teilte zuletzt auch Obi mit, dass der Werbeprospekt aus Papier eingestellt werden soll. Auch der Baumarkt Obi kündigte vor Rewe an, auf den Werbeprospekt aus Papier verzichten zu wollen.

Lebensmittelhandel: Einstellung der Werbeprospekte aus Papier ist Herausforderung

Weshalb zögern andere Supermärkte aktuell also noch damit, den Werbeprospekt einzustellen? Laut dem Branchenkenner Gödde ist der Verzicht auf Werbeprospekte für Lebensmittelhändler und insbesondere Discounter eine deutlich größere Herausforderung als zum Beispiel für Baumärkte. „Da gibt es viele Leute, die mit seiner Hilfe ihren Wocheneinkauf planen und entscheiden, wo sie diesmal einkaufen“, sagt er. Angesichts der steigenden Preise für Lebensmittel und dem Bemühen vieler Verbraucher, ihr Geld zusammenzuhalten und Sonderangebote zu nutzen, dürften die Prospekte aktuell noch an Bedeutung gewinnen, glaubt Gödde.

Rewe verzichtet auf Handzettel aus Papier – Zurückhaltung noch bei Aldi und Lidl

Verwunderlich ist also nicht, dass sich andere Händler noch zurückhaltender zeigen, als Rewe. „Gerade in der aktuellen Zeit erwarten viele Kunden gezielt die Prospekt-Zustellung, um sich zu informieren, wo sie die günstigsten Lebensmittel in bester Qualität kaufen können“, verteidigte etwa Aldi Süd auf Anfrage von dpa die Prospekte. Auch Lidl betonte: „Der Haushaltshandzettel ist ein zentrales Medium unserer Marketingaktivitäten, mit dem wir Kunden in definierten Gebieten über kommende Angebote und neue Produkte informieren.“ Er werde von den Kunden überwiegend bevorzugt. Zeitgleich bauen sowohl Lidl als auch Aldi jedoch das Angebot ihrer digitalen Prospekte aus. „Auch wenn die gedruckte Ausgabe sehr beliebt ist, zeigt unsere Erfahrung, dass immer mehr Kundinnen und Kunden die digitalen Angebote nutzen“, heißt es bei Aldi Nord. (nb mit dpa) Fair und unabhängig informiert, was in NRW passiert – hier unseren kostenlosen 24RHEIN-Newsletter abonnieren

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