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Viele Deutschlandticket-Kunden müssen wohl doppelt zahlen

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Von: Oliver Schmitz

Wer mit dem ÖPNV zu einem Fernverkehrsbahnhof anreisen möchte, wird trotz Deutschlandticket oft doppelt zahlen. Sonst droht der Verlust wichtiger Fahgastrechte.

Köln – Mit dem 49-Euro-Ticket sollte die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in ganz Deutschland vereinfacht werden. Doch viele Kundinnen und Kunden der Deutschen Bahn gucken bei der Anfahrt zu einer Fernverkehrsreise in die Röhre. Wer nicht auf wichtige Fahrgastrechte verzichten möchte, muss trotz Deutschlandticket-Abo für die Anreise extra bezahlen.

Wer Deutschlandticket für Anreise zu IC/ICE-Bahnhofe nutzt, verliert Fahrgastrechte

Die Werbung für das Deutschlandticket ist am Hauptbahnhof Frankfurt (Main) vor einer Bahn des ÖPNV zu sehen.
Die Anreise mit dem Deutschlandticket zu einem Fernverkehrsbahnhof hat einige Nachteile. © Sebastian Gollnow/dpa

Das Deutschlandticket gilt seit 1. Mai 2023 im Nahverkehr in ganz Deutschland. Der Fernverkehr, wie EC, IC oder ICE ist davon explizit ausgenommen. Das vertritt die Deutsche Bahn so vehement, dass das neue ÖPNV-Abo nicht in die Buchung für Fernverkehrszüge mitaufgenommen wurde. Wer seine Reise nun von einem kleineren Bahnhof starten möchte, muss trotz 49-Euro-Ticket mit Nachteilen klarkommen und hat folgende Optionen:

  1. Man bucht seine DB-Fernverkehrsfahrt vom ersten Bahnhof, an dem man ansteigt. Dadurch besitzt man volle Fahrgastrechte, muss aber für die Anfahrt zum IC/ICE-Bahnhof extra bezahlen (trotz Deutschlandticket)
  2. Oder man bucht die IC/ICE-Fahrt erst ab einem Fernverkehrsbahnhof und reist vorher mit dem 49-Euro-Ticket an. Dann verliert man bei der Anreise aber die typischen Fahrgastrechte. Wer also wegen möglicher Verspätung bei der Anreise seine Bahnfahrt verpasst, erhält weder Entschädigung noch eine Ersatzfahrt.

„Die Problematik ist nicht neu bei Abonnements“, sagt Beatrix Kaschel, stellvertretende Leiterin der Schlichtungsstelle Nahverkehr gegenüber 24RHEIN. Der Verein sitzt direkt bei der Verbraucherzentrale NRW und kümmert sich um ÖPNV-relevante Themen. Auch mit jedem anderen ÖPNV-Abo, wie zum Beispiel dem Ticket2000 des VRR, hat und hatte man dasselbe Problem. In einigen Fällen müssen Reisende aber nichtmal ein Ticket für die Fernverkehrsreise buchen, denn das Deutschlandticket ist auch auf einigen IC- und ICE-Strecken gültig.

Schlichtungsstelle Nahverkehr – was ist das?

Die Schlichtungsstelle Nahverkehr ist eine unabhängige Einrichtung des Vereins Schlichtungsstelle Nahverkehr e.V.. Da zu seinen Mitgliedern sowohl die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen als auch der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und weitere Verkehrsunternehmen gehören, nimmt er eine neutrale Vermittlerposition ein. Die Schlichtungsstelle sitzt jedoch direkt bei der Verbraucherzentrale und bietet ÖPNV-Reisenden somit auch Tipps und Beratung an.

Anreise zu ICE-Fahrt: Das wird Deutschlandticket-Inhabern empfohlen

Welche der beiden Optionen Inhaber des 49-Euro-Tickets nun wählen sollten, hängt sehr vom Einzelfall ab. Die Schlichtungsstelle Nahvehr empfiehlt, bei jeder Buchung zu überprüfen, wie wichtig die Einbeziehung der Fahrgastrechte in die gesamte Reisekette für die konkrete Buchung sei. „Grundsätzlich ist wichtig, dass Reisende wissen, was sie tun. Konkret ist dabei abzuwägen, ob sich hinsichtlich einer späteren Erstattung des anteiligen Fahrpreises nach den Fahrgastrechten eher die Buchung einer Reisekette mit Zubringer lohnt oder ob das Ticket insgesamt so günstig ist, dass eher das Risiko eingegangen werden kann, sich der Fahrgastrechte zu berauben“, erläutert Beatrix Kaschel.

Verbraucherzentrale und Schlichtungsstelle hoffen auf Nachbesserung bei Deutschen Bahn

Dass sich Reisende überhaupt mit den verschiedenen Anreisemöglichkeiten für DB-Fernverkehrsreisen so auseinandersetzen müssen, sorgt auch für Kritik. „Wir haben von Anfang an gefordert, dass die Bahn das Deutschlandticket in ihr System integriert, Kunden also einfach einen Haken in der App setzen müssen“, sagt Marion Jungbluth vom Verbraucherzentrale Bundesverband gegenüber der Wirtschaftswoche. Sie „Doch die Bahn wollte auf die zusätzlichen Einnahmen offenbar nicht verzichten, jeden Euro mitnehmen.“

Zumindest der Forderung schließt sich auch die Schlichtungsstelle Nahverkehr an. „Dieses Problem könnte gelöst werden, wenn die Möglichkeit geschaffen würde, durch eine Button-Lösung die Nutzung des Deutschlandtickets im Buchungsprozess anzuzeigen“, sagt Beatrix Kaschel zu 24RHEIN. Damit würde stets eine Reisekette hergestellt und somit würden auch die Fahrgastrechte immer vollumfänglich gelten.

Jedoch hält sie der Deutschen Bahn auch zugute, dass die Deutsche Bahn mittlerweile selbst darauf aufmerksam. „Die DB weist bei der Buchung von Fernverkehrstickets zurzeit darauf hin, dass es bei dieser Praxis bei Verspätungen oder Ausfällen des zubringenden Verkehrs zu einer Einschränkung der Fahrgastrechte kommen kann“. Das neue ÖPNV-Abo kann nicht nur bei Fernreisenden für Ärger sorgen, sondern auch viele Rentner haben Probleme mit dem 49-Euro-Ticket. (os) Fair und unabhängig informiert, was in Köln, Düsseldorf und NRW passiert – hier unseren kostenlosen 24RHEIN-Newsletter abonnieren.

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