Der Nachtzug: Beliebt, bequem, umweltfreundlich – aber es gibt noch einige Hürden

Das Comeback der Nachtzüge: Im Vergleich zum Auto und Flugzeug sind Nachtzüge viel nachhaltiger. Dennoch werden sie nur kaum genutzt. Das Problem: Preis, Verbindungen oder Buchung.
Köln – In Hamburg einsteigen – und in Zürich wieder aufwachen. Wer mit einem Nachtzug reist, kann während der Fahrt schlafen – und spart direkt eine Hotel-Übernachtung. Daher stellt der Nachtzug für viele eine attraktive Reisemethode dar – oft jedoch nur in der Theorie. Denn obwohl das Angebot wieder ausgebaut wird (z.B. neue Nightjet-Linien der ÖBB, die Köln, Düsseldorf und Duisburg mit Zürich und Amsterdam verbinden) und die Nachtzüge deutlich nachhaltiger sind als das Auto oder das Flugzeug, gibt es immer noch viele Hürden, die das nächtliche Reisen erschweren. Was macht den Nachtzug für einige (noch) so unattraktiv? Das haben Studierende der ZHAW Zürich, FH Erfurt und FH St. Pölten untersucht.
Nachtzug Studie „Reisen übermorgen – ein Unterschied wie Tag und Nacht“ im Überblick
- Nachtzüge stoßen weniger CO2 aus als Elektroautos
- Aktuelles Strecken-Netz zu klein
- Reisende wollen sich keine Schlafkabinen teilen
- Nachtzüge müssen moderner sein
- Ticket-Preise sind im Vergleich zum Auto oder Flugzeug zu teuer
- Verbesserung könnte sein: Einzelwagen, die an Bahnhöfen warten und beim Halt automatisch angekoppelt werden
Nachtzug Nachhaltigkeit: Wie viel CO2 stoßen Nachtzüge aus?
Wer für eine Geschäftsreise oder einen privaten Ausflug unterwegs ist, wägt die Möglichkeiten ab: Auto, Flugzeug oder doch Zug. Seit einigen Jahren feiert vor allem der Nachtzug sein Comeback. Allein das Angebot ist in den vergangenen Jahren wieder angestiegen. Viele Gründe sprechen für Nachtzüge, so auch die Nachhaltigkeit. Aber wie nachhaltig sind Nachtzüge? Das zeigt ein Blick auf den CO2-Ausstoß.
Ein Beispiel: Eine vierköpfige Familie, die mit dem Nachtzug (Liegewagen) von Hamburg nach Zürich und wieder zurück reist, verbraucht für die Fahrt etwa 124 Kilogramm CO2. Zum Vergleich: Für die gleiche Strecke fallen mit einem Elektrowagen rund 293 Kilogramm CO2 und mit dem Flugzeug circa 1384 Kilogramm CO2 an. Das ist das Ergebnis der Studie „Reisen übermorgen – ein Unterschied wie Tag und Nacht“ des Masterstudiengangs „Europäische Bahnsysteme“ der Hochschulen FHE, ZAHW und der FH St. Pölten. „Dieses Ergebnis hat uns überrascht. Wir hatten nicht erwartet, dass der Nachtzug so viel besser abschneidet“, sagt Masterstudent Johannes Fielitz.
Für die Strecke Hamburg–Zürich und Zürich–Hamburg verbraucht eine vierköpfige Familie so viel CO2:
Verkehrsmittel | CO2 |
---|---|
Nachtzug – Schlafwagen | 219 Kilogramm |
Nachtzug – Liegewagen | 124 Kilogramm |
Nachtzug – Sitzwagen | 93 Kilogramm |
Elektroauto (Modell VW ID 3) | 293 Kilogramm |
Flugzeug | 1384 Kilogramm |
Nachtzug Hindernisse: Buchung, Preis und Strecken – welche Probleme gibt es?
Das Ergebnis ist eindeutig: Die Fahrt im Nachtzug ist deutlich nachhaltiger als die Alternativ-Verkehrsmittel. Aber wieso setzt sich der Nachtzug nicht durch? Damit es mehr Nachtzüge gibt, muss das Konzept wirtschaftlich sein, es müssen ausreichend Kapazitäten und vor allem muss eine konstante Nachfrage vorhanden sein.
Obwohl die Nachfrage seit einigen Jahren steigt, gibt es immer noch zu wenig Menschen, die einen Nachtzug vorziehen. Der Grund: der hohe Preis. „Komfortabel, preiswert und unkompliziert – so soll Reisen gehen“, sagt auch Thomas Sauter-Servaes, Studiengangsleiter Verkehrssysteme und Mobilitätsforscher an der ZHAW.
Im Zuge der Studie haben die Masterstudierenden ein Meinungsbild abgefragt. Die Umfrage ist zwar nicht repräsentativ, allerdings spiegeln die Ergebnisse die Kundenbedürfnisse dar und geben einen Einblick in den Markt. Dabei wurden folgende Probleme deutlich:
- Fehlende Zugverbindungen: Wunsch nach neuen Reisezielen
- Komplizierte Buchung: System sollte vereinfacht werden, einheitliche Übersicht gewünscht
- Mehr Privatsphäre: Der Schlafplatz soll nicht mit Fremden geteilt werden, individuelle Schlafkapseln
- Preis: Nachtzüge sind sehr teuer
- Modernität fehlt: Mehr Service und Komfort, höhere Erwartungen an Sauberkeit
- Wartezeit auf Nachtzug
Nachtzüge sind noch sehr teuer
Bei vielen Reisenden spielt vor allem der Preis die entscheidende Rolle. Daher scheidet der Nachtzug noch oft aus. Eine Fahrt von Wien nach Hamburg kostet im Liegewagen (allein) schon rund 230 Euro. Die gleiche Strecke kostet mit dem Flugzeug rund 120 Euro.
Nachtzüge Zukunft: Einfache Buchung, mehr Strecken und günstige Tickets
Damit der Nachtzug als gesamtes Verkehrsmittel eine Alternative darstellt, muss das Konzept attraktiver gestaltet werden. Dafür sei jedoch nicht nur ein einziges Bahn-Unternehmen nötig. „Alleine geht das nicht“, so Masterstudent Carsten Kretzschmar. Viel mehr benötige es einen europäischen Zusammenschluss, die die Probleme beim Nachtzug gemeinsam angehen.
So könnte nicht nur am Preis und an der Buchung, sondern auch am Zug-Netz gearbeitet werden. Mit diesen Verbesserungen wäre der Nachtzug für viele attraktiver – und könnte für eine Familie eine echte Alternative zum Urlaubsflieger darstellen. Um das generelle Bahn-Angebot zu verbessern, hat die Deutsche Bahn zahlreiche neue Strecken in den Fahrplan aufgenommen. (jaw) Mehr News auf der 24RHEIN-Homepage. Tipp: Täglich informiert, was in NRW passiert – einfach unseren kostenlosen 24RHEIN-Newsletter abonnieren.
Studie „Reisen übermorgen – ein Unterschied wie Tag und Nacht“
Die Studie „Reisen übermorgen – ein Unterschied wie Tag und Nacht“ wurde von 14 Studierenden des Masterstudiengangs „Europäische Bahnsysteme“ durchgeführt. Dabei haben sich die Hochschulen Fachhochschule Erfurt (FHE), Züricher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZAHW) und Fachhochschule St. Pölten beteiligt. Die Studierenden haben in der Studie den CO2-Ausstoß einer Zugfahrt im Liegewagen, die Chancen und Schwächen sowie die nötige technologische Entwicklung untersucht.