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Fehlende Finanzierung: Scheitert das 9-Euro-Ticket auf den letzten Metern?

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Von: Max Müller

In dieser Woche soll das 9-Euro-Ticket eigentlich beschlossen werden. Doch es gibt Streit um die Finanzierung. Einige Länder wollen mehr Geld.

Köln – In der Politik mangelt es selten an Ideen. Am Ende geht es viel häufiger um die Frage: Wer soll das bezahlen? Exakt das passiert nun in der „Causa“ 9-Euro-Ticket. Jenem Vorschlag der Ampel-Koalition, zwischen 1. Juni und 31. August den öffentlichen Nahverkehr radikal günstiger zu machen. Für 9 Euro pro Monat (insgesamt 27 Euro) können Bahnfahrer mit dem öffentlichen Nahverkehr drei Monate quer durch Deutschland fahren. Das klar formulierte Ziel: Autofahrer für die Schiene begeistern und damit Energie sparen.

9-Euro-Ticket: Am Montag sollen die ersten Fahrscheine verkauft werden

Dass mehr Menschen mit Bus und Bahn fahren sollen, darin sind sich alle Beteiligten einig. Dass die Ticketpreise sinken müssen, um das Angebot attraktiver zu machen – auch darin besteht Konsens. Nur die Kostenfrage ist weiter nicht geklärt. Dabei sollen am kommenden Montag (23. Mai) die ersten 9-Euro-Tickets verkauft werden. Scheitert das 9-Euro-Ticket auf den letzten Metern?

9-Euro-Ticket: Die wichtigsten Infos im Überblick

Am Dienstag (17. Mai) konnte zumindest eine wichtige Hürde genommen werden: Der Verkehrsausschuss des Bundestags billigte den Entwurf der Ampel-Koalition. Nun müssen am Donnerstag (19. Mai) der Bundestag und am Freitag (20. Mai) noch der Bundesrat zustimmen. Doch da fangen die Probleme an, denn die Länder fordern mehr Geld.

Bund hat den Ländern 2,5 Milliarden Euro versprochen – mindestens

Die Zahl, die immer wieder genannt wird, lautet 2,5 Milliarden Euro. Diesen Betrag hat der Bund den Ländern versprochen. Experten wie der Verkehrsökonom Christian Böttger glauben, dass das eine realistische Größe ist. Zum Vergleich: Für ein Jahr rechnet man insgesamt mit Ticketeinnahmen von 10 Milliarden Euro. 2,5 Milliarden Euro würde somit exakt dem Anteil der drei anvisierten Monate entsprechen.

Eine Regionalbahn der Deutschen Bahn steht am Hauptbahnhof.
Die Politik möchte mehr Menschen für die Bahn begeistern. © Moritz Frankenberg/dpa

Zusätzlich sollen die Länder auch die Einnahmen aus den 9 Euro pro verkauftem Ticket behalten. Wie viel das sein wird, ist aktuell fraglich. Denn viele Pendler haben zum Beispiel schon ein Jobticket, Studierende fahren mit ihrem Semesterticket – und bestehende Zeitkarten behalten ihre Gültigkeit, das ist bereits klar. Obendrauf will der Bund nochmal 1,2 Milliarden Euro packen, so sollen die Verluste in der Pandemie ausgeglichen werden. Damit können die Bundesländer mit mindestens 3,7 Milliarden Euro rechnen.

Im Bundesrat formiert sich Kritik am 9-Euro-Ticket

Doch einigen Ländern reicht das nicht. Kritik kommt zum Beispiel von Winfried Kretschmann (Grüne), Ministerpräsident in Baden-Württemberg. Es sei jedes Mal das gleiche Lied mit dem Bund: „Immer temporär Programme, die nicht ausfinanziert sind.“ Solche Dinge würden das Verhältnis zwischen Bund und Ländern belasten.

Unterstützung kommt aus Bayern. „Sofern der Bund die Kosten für das Ticket nicht voll ausgleicht und die Regionalisierungsmittel für den Nahverkehr deutlich erhöht, wird er im Bundesrat gegen eine Mauer laufen“, sagte der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU). Sachsen und Thüringen kündigten bereits an, dass sie sich ihre Zustimmung zum 9-Euro-Ticket offenhalten.

Nach 9-Euro-Ticket: Steigen die Bahnpreise ab 1. September wieder?

Flankiert wird die Kritik der Länder vom Bundesverband Schienennahverkehr. Es werde ein Mehraufwand im Betrieb entstehen – etwa für zusätzliches Personal und Fahrzeuge. Das werde „ein gigantischer Akt“, sagte der stellvertretende Geschäftsführer Robert Dorn. Außerdem sei völlig unklar, was ab 1. September passiert. Die Tickets seien so unschlagbar günstig, dass es dann natürlich einen Preissprung geben werde. Zugleich stiegen Energiekosten für die Anbieter. Daher seien längere Finanzzusagen für den öffentlichen Personennahverkehr nötig.

Ein wenig erinnern die Diskussionen an die Ministerpräsidenten-Konferenzen, wo Maßnahmen in der Corona-Pandemie stets in letzter Minute beschlossen wurden. 16 Länder, 16 Regierungschefs, 16 regionale Besonderheiten – am Ende konnte man sich dann allerdings doch einigen. Das wird sehr wahrscheinlich auch beim 9-Euro-Ticket klappen. Das wissen auch die Kritiker, zum Beispiel Kretschmann: „Die Leute haben sich darauf ja schon eingerichtet.“ (mm mit dpa) Tipp: Fair und verlässlich informiert, was in NRW passiert – hier unseren kostenlosen 24RHEIN-Newsletter abonnieren.

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