Regionalflugzeuge statt neuer Bahnstrecken: Politiker mit ungewöhnlicher Forderung
CDU-Politiker Thomas Jarzombek sieht größeres Potenzial im Ausbau von Regionalflugstrecken als im Bahnverkehr. Laut Verkehrsexperten gibt es aber einige Probleme.
Düsseldorf/Berlin – Die Bahn ist in einem fatalen Zustand. Über Jahrzehnte wurde das Schienennetz vernachlässigt, was sich nun rächt. Die Züge waren im letzten Jahr so unpünktlich wie noch nie, immer wieder gibt es massive Störungen an neuralgischen Punkten. Das alles ist teuer: Die Deutsche Bahn pumpt 19 Milliarden Euro bis 2030 in all die Baustellen – nur ein Tropfen auf den heißen Stein, mit dem allein die Bahn nach Expertenansicht kaum zukunftsfähig werden kann.
Billiger und effizienter wäre es, in Flugzeuge zu investieren statt in die Bahn: Das jedenfalls sagt Thomas Jarzombek, CDU-Politiker und Mitglied des Bundestags aus Düsseldorf. Seiner Ansicht nach sollten Regionalflugstrecken deutlich ausgebaut werden. Damit könne sogar ein Beitrag für den Klimaschutz geleistet werden.
CDU-Politiker: Regionalflugstrecken statt Bahnausbau

„Fliegen muss klimaneutral werden“ – das forderte Thomas Jarzombek bereits im Oktober 2021, damals noch als Luftfahrtkoordinator der Bundesregierung. Laut dem CDU-Politiker sollen hybrid-elektrische Flugzeuge den Weg „für eine neue Mobilität in den 30er-Jahren“ ebnen. „Indem wir dann sämtliche Inlands- und auch Europa-Flüge mit Regionalflugzeugen ersetzen können, die CO2-frei sind. Damit sind wir sehr viel schneller im Markt, als mit dem Bauen neuer Zugstrecken“, so der Bundestagsabgeordnete damals.
„Alles, was man machen kann, ist schneller als der Ausbau des Bahnverkehrs“
Von dieser Meinung ist Jarzombek bis heute nicht abgewichen. „Ich sehe das nach wie vor so“, sagte der CDU-Politiker gegenüber 24RHEIN. „So ungefähr alles, was man machen kann, ist schneller als der Ausbau des Bahnverkehrs. Wo es keine bestehende Bahnstrecken gibt, wäre die Investition in Regionalflugstrecken sinnvoller“, erläutert Jarzombek. Laut ihm habe man beim Regionalflugverkehr den Vorteil, dass man kaum Infrastruktur nachbauen müsste. Denn Flughäfen gibt es ja bereits bundesweit.
Der Bundestagsabgeordnete betont jedoch, dass der klimaneutrale Regionalflugverkehr nur ein Zusatzangebot sein solle. „Hierbei würde es sich eher um kleine Propellermaschinen mit 7 bis 12 Plätzen handeln, die 400 bis 500 Kilometer weit fliegen. Regionalflugzeuge könnten ein Bestandteil im Verkehrsmix sein, aber kein Ersatz für ICEs.“
Klimaneutrale Regionalflugzeuge, die den Zugverkehr ergänzen: Wie realistisch ist das? Airbus arbeitet bereits an einem Wasserstoff-Jet, der bis 2035 auf den Markt kommen soll. Daneben gibt es mehrere Start-Ups und kleinere Unternehmen, die mehr oder minder klimaneutralen Kleinflugzeugen entwickeln. Das deutsche Start-up H2FLY aus Stuttgart etwa will zusammen mit der Deutschen Regional Aircraft bis 2025 das erste wasserstoffbetriebene E-Regionalflugzeug der Welt bauen. 40 Menschen sollen darin Platz haben, bis zu 2.000 Kilometer weit soll die Maschine fliegen können. Für kürzere Strecken etwa zwischen Nachbarstädten bieten sich nach Expertenansicht batteriebetriebene Flugzeuge an. „Es wird nicht die eine Antriebsart geben. Je nach Flugzeugklasse sind unterschiedliche Technologien sinnvoll”, sagte Markus Fischer, Programmdirektor Luftfahrt beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) schon 2021.
Klimaneutrales fliegen: Verkehrsexperte widerspricht CDU-Politiker – sieht aber Potenzial
Ganz so leicht, wie es bei Thomas Jarzombek klingen mag, wird es nach Ansicht des Verkehrsexperten Volker Stölting aber nicht: „Klimaneutraler Regionalflugverkehr kann ein ergänzendes Verkehrsmittel sein. Massen können wir damit aber nicht transportieren“, sagt der Professor für Verkehrsysteme der TH Köln gegenüber 24RHEIN. Aktuell seien laut ihm einfach noch zu viele Fragen offen, damit das Fliegen eine echte Alternative und effiziente Ergänzung zur Bahn sein könne.
Es gebe gleich mehrere Probleme, die das Potenzial des klimaneutralen Flugverkehrs einschränkten. „Der Luftraum ist bereits sehr voll. Am Flughafen Frankfurt oder Hamburg ist eine Umstellung auf mehr Regionalflugzeuge ohne Zubau nur sehr schwer vorstellbar“, sagt der Verkehrsexperte. Sobald neue Start- und Landebahnen gebaut werden müssten, hätte man dann wieder „das gleiche Problem wie beim Bahn-Ausbau“. Bei nicht ganz so ausgelasteten Airports wie dem Flughafen Köln/Bonn oder Hannover, wäre der Einsatz neuer Flugstrecken allerdings durchaus schnell umsetzbar.
Experte: Konzept Regionalflugzeuge weiterverfolgen
Er glaube zwar nicht, dass der Ausbau des klimaneutralen Flugverkehrs schneller gehe als der Bahnausbau. Aber: „Jegliche Art, den Verkehr klimaneutral hinzubekommen, ist gut“. Die Elektrifizierung des Regionalflugverkehrs „sollte man grundsätzlich weiterverfolgen“. (os) Fair und unabhängig informiert, was in NRW und Deutschland passiert – hier unseren kostenlosen 24RHEIN-Newsletter abonnieren.