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Schiff fährt von alleine über den Rhein – der Kapitän kann sich zurücklehnen

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Von: Maximilian Gang

Das Güterschiff „Niedersachsen 22“ fährt vollkommen automatisiert. Möglich macht das modernste Technik – „ein Aufbruch in die Zukunft“?

Waltrop – Die Forschung zu selbst fahrenden Fahrzeugen steht in allen Verkehrsbereichen immer stärker im Fokus. Autonome Autos sollen in Zukunft die Zahl der Unfälle drastisch reduzieren. Auch auf den Schienen gibt es in einigen Städten in Deutschland bereits Bahnen ohne Fahrer. Doch nicht nur auf dem Land wird automatisiert – auch auf dem Wasser. In Waltrop in Nordrhein-Westfalen wurde zuletzt das Schiff „Niedersachsen 22“ vorgestellt, das mithilfe modernster Technik vollkommen autonom fährt. Laut den Verantwortlichen ist der Prototyp „ein Aufbruch in die Zukunft“.

„AutoBin“: Gütermotorschiff „Niedersachsen 22“ fährt vollkommen autonom

Ein Schiff ohne aktiven Kapitän? Das ist in NRW Realität. Das Gütermotorschiff „Niedersachsen 22“ des Schifffahrtsunternehmens HGK Shipping schippert vollkommen selbstständig – überwiegend auf dem Kanalnetz zwischen Rhein und Elbe.

Möglich macht es das automatische Steuerungssystem „AutoBin“, das von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Duisburg-Essen (UDE) und dem Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme (DST) aus Duisburg entwickelt wurde. Kameras, Sensoren, Radar und Laserscanner liefern Daten, aus denen die Technik einen Kurs berechnet – ohne Zusammenstöße, wie bereits mehrere Testfahrten zeigten.

Der Schiffsführer David Tangermann braucht auf dem autonom fahrenden Schiff „Niedersachsen 22“ fast gar nicht eingreifen.
Der Schiffsführer David Tangermann muss auf dem autonom fahrenden Schiff „Niedersachsen 22“ nur im Notfall eingreifen. © Dieter Menne/dpa

Komplett ohne Personal ist das 100 Meter lange und 10 Meter breite Schiff dabei bisher noch nicht unterwegs – aus Sicherheitsgründen: „Nach wie vor ist eine erfahrene Person an Bord, die jederzeit eingreifen kann. Das System kann das Schiff aber selbstständig und sicher durch den Kanal steuern“, sagt Jan Oberhagemann, Projektleiter von „AutoBin“. Der Schiffsführer ist demnach eher zum Überwachen an Bord und greift nur in Notsituationen ein. Eine solche Notsituation habe es laut Goelner bisher jedoch noch nicht gegeben.

Autonome Schifffahrt als Antwort auf Wettbewerb, Personalmangel und Klimaschutz

Und: Die Erwartungen an „AutoBin“ sind hoch. Zu voll sind die Schienen in Deutschland, zu oft kommt es auf den Straßen zu Staus. Das Steuerungssystem soll die Binnenschifffahrt deshalb wirtschaftlicher und damit wettbewerbsfähiger gegenüber Lkw und Zug machen: „Das hochautomatisierte Fahren entlastet dabei nicht nur die raren Schiffsführer:innen, sondern ermöglicht auch längere Fahrtzeiten“, teilte die UDE mit.

Das Güterschiff „Niedersachsen 22“ fährt aufgrund modernster Technik ohne Schiffsführer
Das Güterschiff „Niedersachsen 22“ fährt mithilfe modernster Technik von ganz alleine. © Dieter Menne/dpa

Auch im Sinne des Klimaschutzes wird der Transportweg über Wasser immer wichtiger. Für den Transport der gleichen Menge Ladung ist die CO₂-Bilanz von Schiffen in den meisten Fällen deutlich besser als bei Lkws. „Wir brauchen die Binnenschifffahrt nicht nur, um große Mengen zu transportieren, sondern auch um Klimaziele zu erreichen“, sagte NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer von den Grünen im Rahmen der Vorstellung.

Der Fachkräftemangel macht zudem auch den Reedereien zu schaffen. Wie in so vielen Bereichen fehlt es auch auf dem Gewässer an geeigneten Mitarbeitern. So auch bei der Rederei HGK Shipping: „Wir suchen immer händeringend nach Personal“, sagte Frank Goeldner, früherer Kapitän und heutiger Intendant der Reederei. Auch auf die Personalfrage soll „AutoBin“ in der Zukunft eine Antwort geben.

Autonome Schifffahrt: Entwicklung von „AutoBin“ nur erstes Projekt der Wissenschaftler

Bis die autonome Steuerung flächendeckend in der Binnenschifffahrt eingesetzt werden kann, wird es aber wohl noch ein wenig dauern. „Klar ist: Die autonome Binnenschifffahrt wird nicht von heute auf morgen umgesetzt – es ist eher mit einer stetigen Zunahme der Automatisierung zu rechnen“, erklärte Oberhagemann. „Schätzungsweise brauchen wir noch drei bis fünf Jahre, um den technischen Standard zu schaffen“, ergänzte Goeldner. Durch den Genehmigungsprozess könnte es noch länger dauern.

Bis dahin forschen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von „AutoBin“ weiter, wie die Universität Duisburg-Essen schreibt: „Das Projekt ist dabei das erste nun abgeschlossene in einer Reihe aufeinander aufbauender Forschungsvorhaben. Ziel ist es, die Schifffahrt völlig zu automatisieren“.

Ende April ist ein weiteres ungewöhnliches Wasserfahrzeug auf dem Rhein unterwegs. Das alte U-Boot U17 der Marine soll dem Technik Museum Sinsheim zukünftig als Ausstellungsstück dienen. Das Problem: Das Museum liegt rund 600 Kilometer vom Meer entfernt. Deshalb wird das Boot ab dem 28. April im Rahmen eines XXL-Transports über den Rhein nach Baden-Württemberg gebracht. (mg mit dpa) Fair und unabhängig informiert, was in NRW und Deutschland passiert – hier unseren kostenlosen 24RHEIN-Newsletter abonnieren.

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