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Was mache ich, wenn ich wegen Mega-Streik nicht zur Arbeit komme?

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Von: Peter Sieben, Mirjam Ratmann

Ein Megastreik legt Deutschland lahm: Am 27. März stehen Busse und Bahnen im ÖPNV und bei der Deutschen Bahn still. Welche Rechte haben Pendler jetzt? Und müssen Kinder zur Schule?

Köln – Wochenlang war es schon befürchtet worden, jetzt passiert es: Die Gewerkschaften Verdi und EVG haben zu einem gemeinsamen bundesweiten Warnstreik am Montag (27. März) aufgerufen. Nicht nur Busse und Bahnen im ÖPNV stehen dann still, sondern auch die Züge der Deutschen Bahn – der Streik betrifft auch Fernverkehrszüge. Damit wird das ganze Land lahmgelegt.

Millionen Menschen haben jetzt ein gewaltiges Problem, wenn sie auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, um zum Beispiel zur Arbeit zu kommen. Auch viele Schulkinder werden am Montag nicht mit Bus oder Bahn fahren können. Welche Alternativen gibt es? Muss man trotzdem zur Arbeit? Und bekommen Bahn-Kunden ihr Geld zurück?

Bahn und ÖPNV am 27. März vom Mega-Streik betroffen:

Mega-Streik bei Bus und Bahn: Muss ich zur Arbeit kommen, wenn die Bahn ausfällt?

Klare Antwort: Ja. Oder anders gesagt: Wenn man nicht (pünktlich) zur Arbeit kommt, kann das Probleme geben. Denn es gilt: „Ohne Arbeit kein Lohn“ – es sei denn, das ist tarifvertraglich oder generell vertraglich anders geregelt. Daher sind Arbeitnehmende auch selbst dafür verantwortlich, pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen und damit das sogenannte „Wegrisiko“ zu tragen. So nennt es das Bundesarbeitsgericht.

Arbeitnehmende sind in solchen Fällen also immer verpflichtet, alles Zumutbare zu unternehmen, um den Arbeitsplatz trotz Streik rechtzeitig zu erreichen. Als zumutbar gelten alle alternativen Verkehrsmittel – zur Not auch dann, wenn Arbeitnehmende dafür deutlich früher losmüssen oder erheblich länger brauchen, um am Ziel anzukommen. Diesen Mehraufwand und die eventuellen Mehrkosten müssen Arbeitnehmende in Kauf nehmen.

Welche Absprachen muss ich mit meinem Arbeitgeber bei einem Streik treffen?

Der Chef oder die Chefin muss so früh wie möglich darüber informiert werden, wenn man als Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin damit rechnet, zu spät zur Arbeit zu erscheinen. Gleichzeitig kann man in Einzelfällen mit dem Arbeitgeber Rücksprache halten, ob der Aufwand lohnt und inwieweit es notwendig und verhältnismäßig ist, im Streikchaos zur Arbeit zu kommen.

Dann könnten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmerin zum Beispiel darauf einigen, dass an dem Streiktag im Homeoffice gearbeitet wird. In manchen Unternehmen ist auch Gleitzeit, kurzfristiger Urlaub oder der Abbau von Überstunden möglich. Dass ausgefallene Zeit nachgearbeitet wird, ist im Arbeitsrecht nicht vorgesehen.

Streik: Kann ich eine Abmahnung oder Kündigung erhalten, wenn ich zu spät zur Arbeit erscheine?

Abmahnungen können vorkommen, sind aber eher selten. Denn arbeitsrechtlich kann so eine Abmahnung nur dann ausgesprochen werden, wenn die Arbeitnehmenden selbst schuld an der Unpünktlichkeit sind. Da ein Streik jedoch als eher unvorhersehbares Ereignis eingestuft wird, trifft das in diesem Fall nicht zu.

Problematisch wird es dann, wenn ein Streik mehrere Tage vorher angekündigt worden ist und man als Arbeitnehmende mitbekommen haben müsste, dass Ausfälle bei Bus und Bahn drohen. In diesem Fall gibt es im Arbeitsrecht jedoch keine sichere Rechtssprechung.

Bus und Bahn fahren nicht: Wie kann ich trotzdem zur Arbeit kommen?

Falls es einem der Streik unmöglich machen sollte, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit zu kommen, hat man mehrere Möglichkeiten. Zum Beispiel kann man ein Taxi nehmen, eine Mitfahrgelegenheit nutzen oder mit dem Rad oder E-Scooter zur Arbeit fahren. Wer dennoch Probleme hat wegen eines Streiks zur Arbeit zu kommen, sollte seine Rechte und Pflichten beachten, wie wa.de berichtet. Die Mobilitätsgarantie in NRW greift in einem Streikfall nicht. Taxikosten werden daher beispielsweise nicht erstattet.

Streik trifft Pendler in NRW hart: Welche Bahnen fahren trotzdem?

Im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW, wo Großstadt an Großstadt liegt, gibt es besonders viele Pendler, die ihre Arbeitsstätte in benachbarten Städten haben. So verbinden mehrere RE-Strecken zahlreiche Städte. Einige der wichtigen Pendlerstrecken werden von National Express und der RheinRuhrBahn in NRW betrieben. Sie sind voraussichtlich nicht vom Streik betroffen. Diese Züge sollen in NRW fahren – aber es kommt womöglich zu Ausfällen und Verspätungen, und Fahrgäste sollten sich auf volle Züge einstellen:

Im ÖPNV werden ebenfalls einige Busse trotz Streik fahren, etwa wenn sie von Subunternehmen bedient werden, die nicht bestreikt werden. Das war in den vergangenen Wochen unter anderem bei der Rheinbahn in Düsseldorf sowie bei der KVB in Köln schon mehrfach der Fall.

Streik bei Bus und Bahn in NRW: Muss mein Kind zur Schule?

Schulkinder stehen am Bahnsteig von Neudietendorf an der Bahnsteigkante.
Auch bei einem Streik gilt grundsätzlich die Schulpflicht in NRW. © photothek/Imago

Grundsätzlich Ja. In Deutschland und NRW gilt auch bei einem ÖPNV- oder Bahn-Streik die Schulpflicht. Diese besagt, dass schulpflichtige Kinder und Jugendliche am Unterricht teilnehmen müssen. Bei Minderjährigen (unter 18 Jahren) sind die Eltern dazu verpflichtet, das sicherzustellen. „Ein Fernbleiben vom Unterricht gilt grundsätzlich nur bei Krankheit oder nicht vorhersehbaren zwingenden Gründen als entschuldigt. Ein im Vorfeld angekündigter Streik des ÖPNV kann in diesem Sinne regelmäßig nicht als unvorhersehbarer Grund gelten“, heißt es auf 24RHEIN-Anfrage es aus dem NRW-Schulministerium.

Ob das im Einzelfall aber tatsächlich so gehandhabt wird, entscheiden jedoch erstmal die jeweiligen Schulen selbst. Bei entsprechender Kulanz und frühzeitiger Ankündigung kann es sein, dass einige Schulen den ÖPNV-Streik als „entschuldigtes“ Fehlen gelten lassen. Wohl aber nur, wenn die Anreise ohne Bus oder Bahn wirklich nicht möglich ist.

Bahn-Streik in NRW und ganz Deutschland: Wann habe ich ein Anrecht auf eine Entschädigung oder Ausgleichszahlung? 

„Ein Streik ist eine angekündigte und veröffentlichte Tarifmaßnahme. Hier gibt es bei Ausfall des Angebotes leider keinen Entschädigungsanspruch“, sagt Melanie Schliebener von der Verbraucherzentrale NRW.

Kann ich beim Streik mit dem Taxi fahren und mir die Kosten erstatten lassen?

In NRW gibt es die Mobilitätsgarantie. Muss das Verkehrsunternehmen also Taxikosten erstatten, wenn ich mit Bus und Bahn nicht zur Arbeit komme? „Leider kommt eine Taxikostenerstattung nicht in Betracht, da die Mobilitätsgarantie NRW bei Streik nicht greift“, erklärt Melanie Schliebener.

Die Mobilitätsgarantie und Pünktlichkeitsgarantien seien freiwillige Leistungen der Verkehrsunternehmen in NRW. „Darin ist Streik einer der vorgesehenen Ausschlussgründe. Insofern bleibt der Fahrgast auf den Kosten sitzen, wenn er ein Taxi nutzt. Hier könnte das Unternehmen allenfalls aus Kulanz die Kosten übernehmen“, so Schliebener.

Und: Der Arbeitgeber ist ebenfalls nicht verpflichtet, die Fahrtkosten, sei es mit dem Taxi oder dem eigenen Auto, zu erstatten. Die Arbeitnehmenden sind für diese Kosten selbst verantwortlich. Fair und unabhängig informiert, was in NRW, Deutschland & der Welt passiert – hier unseren kostenlosen 24RHEIN-Newsletter abonnieren.

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