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Warnstreik abgewendet: Tarifeinigung für Beschäftigte im öffentlichen Dienst

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Von: Peter Sieben, Benjamin Stroka

Der Tarifstreit im öffentlichen Dienst ist beendet, der Mega-Streik erstmal vom Tisch: Endlich wurde eine Einigung erzielt. Doch Verdi ist nicht ganz zufrieden.

Update vom 23. April, 10:06 Uhr: Endlich eine Einigung: In Potsdam konnte am späten Samstagabend ein Tarifergebnis erzielt werden. Dabei handelt es sich jedoch um einen Kompromiss, erklärt Verdi-Vorsitzende Frank Werneke. Man sei „an die Schmerzgrenze gegangen“.

„Wir sind den Gewerkschaften so weit entgegengekommen, wie wir es in schwieriger Haushaltslage noch verantworten konnten“, sagt Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).

Verdi: Tarifeinigung für Beschäftigte im öffentlichen Dienst – Ergebnisse im Überblick

►Beschäftigten erhalten eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichszahlung in Höhe von 3.000 Euro.

Die Auszahlung beginnt mit einem Betrag von 1.240 Euro netto im Juni 2023. In den Monaten Juli 2023 bis einschließlich Februar 2024 gibt es monatliche Zahlungen in Höhe von je 220 Euro netto.

►Die Einkommen der Beschäftigten steigen ab dem 1. März 2024 tabellenwirksam um einen Sockelbetrag von 200 Euro plus 5,5 Prozent.

Studierende, Auszubildende und Praktikantinnen und Praktikanten erhalten im Juni 2023 ein Inflationsausgleichsgeld von 620 Euro sowie in der Zeit von Juli 2023 bis einschließlich Februar 2024 monatlich 110 Euro netto.

Die Ausbildungsentgelte werden für sie ab März 2024 um 150 Euro erhöht. Die Laufzeit des Tarifvertrages beträgt 24 Monate bis zum 31. Dezember 2024.

Bisher keine Entscheidung: Kommt ein unbefristeter Mega-Streik?

Update vom 22. April, 17:46 Uhr: Nach wie vor wurde bei der Tarifverhandlung in Potsdam nichts Konkretes entschieden. Ob ein Mega-Streik droht, oder ob sich auf einen Schlichtungsvorschlag geeinigt wird, ist noch unklar. Nany Faeser, Bundesministerin des Innern und für Heimat, hat einen zuversichtlichen Blick auf eine mögliche zeitnahe Einigung. „Die Beschäftigten leisten einen guten Dienst in unser aller allgemeinem Interesse, und die Zeiten sind sehr schwierig, deswegen müssen wir sie auch angemessen alimentieren“, sagte die Ministerin der dpa. „Ich glaube, das wird uns auch heute gelingen. Ich bin jedenfalls sehr zuversichtlich.“

Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst: Gesprächsbedarf bei Inflationsausgleich

Update vom 22. April, 12:22 Uhr: Gesprächsbedarf sehe die Arbeitnehmerseite beim Tarifstreit vor allem noch beim für die ersten Monate vorgesehenen Inflationsausgleich, sagte Silberbach am Samstag vor Verhandlungsbeginn in Potsdam. „Das ist natürlich einer der Punkte, über den wir reden werden, nachher im kleinen Kreis.“ Die Arbeitgeberseite sehe diesen Punkt als Tarifbestandteil. „Wir sehen das als allgemeine Wohltat.“ Grundlage für die Tarifgespräche an diesem Wochenende wird die vor einer Woche veröffentlichte Schlichtungsempfehlung sein. Diese sieht zunächst steuer- und abgabenfreie Sonderzahlungen von 3000 Euro in mehreren Stufen vor. 

Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst: „Wir haben auf jeden Fall noch Gesprächsbedarf“

Update vom 22. April, 11:10 Uhr: Im Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst kommen am heutigen Samstag (22. April) Gewerkschaften und Arbeitgeber wieder zu Gesprächen zusammen. Ob ein Kompromiss erzielt werden kann, ist offen. Vor Beginn der vierten Verhandlungsrunde in Potsdam warnte der Chef des Beamtenbunds dbb, Ulrich Silberbach, vor zu viel Optimismus. „Die Schlichtungsempfehlung ist eine Grundlage für weitere Verhandlungen. Sie ist aber noch lange nicht die Lösung. Wir haben auf jeden Fall noch Gesprächsbedarf“, sagte Silberbach der Deutschen Presse-Agentur. „Über die einzelnen Punkte und Vorschläge wird zu reden sein.“ Die Tarifverhandlungsgespräche beginnen um 12 Uhr in Potsdam.

Droht ein unbefristeter Mega-Streik? Tag der Entscheidung am Samstag

Update vom 20. April, 8 Uhr: Der morgige Samstag ist der Tag der Entscheidung: Nach der Schlichtungsempfehlung werden Verdi und Arbeitgeberseite ihre Tarifverhandlungen in Potsdam wieder aufnehmen. Die Gespräche waren davor völlig festgefahren, die Forderungen von Verdi galten den Arbeitgebern als völlig überzogen – die Gewerkschaft wiederum bezeichnete die Angebote von Bund und Ländern als nicht hinnehmbar.

Jetzt zeichnet sich eine Bereitschaft zum Kompromiss ab. „Unter Berücksichtigung der hohen Inflationsraten, der Interessen der Beschäftigten aber auch der Steuer- und Gebührenzahler kann ich trotz der ungewöhnlichen Höhe die Empfehlung der Schlichtungskommission mittragen und hoffe auf eine schnelle und einvernehmliche Regelung des Tarifkonflikts auf dieser Basis“, sagte Georg Milbradt, der zweite Vorsitzende der Schlichtungskommission.

Sollten die Verhandlungen noch einmal scheitern, könnte Verdi sich auf eine Urabstimmung zu einem unbefristeten Streik vorbereiten. Das wäre historisch: Den letzten großen Streik dieser Art gab es in Deutschland 1992.

Einigung im Öffentlichen Dienst möglich – unterdessen geht Streik an anderer Stelle los

Update vom 19. April, 14:21 Uhr: Am kommenden Samstag sollen die Tarifverhandlungen zwischen Verdi und Bund sowie Kommunen fortgesetzt. Sollten die Gespräche zu einer endgültigen Einigung führen, wären Streiks erst einmal abgewendet.

Unterdessen kommt es in einem anderen Tarifstreit zu Streiks am Donnerstag und Freitag (20. und 21. April) an den beiden NRW-Flughäfen Köln/Bonn und Düsseldorf. Außerdem hat die Eisenbahner-Gewerkschaft EVG zu einem Streik bei der Bahn am Freitag (21. April) aufgerufen.

Streik abgewendet? Erster Durchbruch im Tarifstreit

Update vom 15. April, 10:25 Uhr: Es gibt einen ersten Durchbruch der verhärteten Fronten im Tarifstreit im öffentlichen Dienst. Die Anfang April eingesetzte Schlichtungskommission hat sich „mit überwiegender Mehrheit“ auf eine gemeinsame Einigungsempfehlung verständigt. Die Beratungen seien bereits am Freitagabend (14. April) beendet worden, teilte der Verdi-Bundesvorstand am Samstagmorgen (15. April) mit. Im Kern haben sich die Schlichter auf folgende Punkte für den neuen Tarifvertrag geeinigt:

Nach Schlichtungsverfahren: Streiks immer noch möglich

Da es sich bei der Einigung der Schlichtungskommission explizit nur um eine Empfehlung handelt, sind weitere Streiks im öffentlichen Dienst somit noch nicht vom Tisch. Am kommenden Samstag (22. April) werden die Tarifparteien die Tarifverhandlungen auf Basis der genannten Empfehlung wieder aufnehmen. Falls die Gespräche erneut scheitern, wird die Gewerkschaftsseite zur Urabstimmung aufrufen. Bei Zustimmung würden anschließend unbefristete Streiks der rund 2,5 Millionen Beschäftigten öffentlichen Dienst drohen.

„Wir sind als Schlichter einen neuen Weg gegangen: Für 2023 gibt es einen Inflationsausgleich, ab 1. März 2024 einen Sockelbetrag verbunden mit einer linearen Erhöhung. Der Mix ist ein fairer Interessenausgleich, für den natürlich auch viel Geld in die Hand genommen werden muss“, sagte der Vorsitzende der Schlichtungskommission, Hans-Henning Lühr. Er war für die Arbeitnehmerseite als Schlichter benannt worden.

„Unter Berücksichtigung der hohen Inflationsraten, der Interessen der Beschäftigten, aber auch der Steuer- und Gebührenzahler kann ich trotz der ungewöhnlichen Höhe die Empfehlung der Schlichtungskommission mittragen und hoffe auf eine schnelle und einvernehmliche Regelung des Tarifkonflikts auf dieser Basis“, sagte derweil Georg Milbradt, der zweite Vorsitzende der Schlichtungskommission. Die Arbeitgeberseite hatte ihn als Schlichter berufen.

Nächster Mega-Streik in NRW droht: Finale Entscheidung fällt Ende April

Erstmeldung vom 11. April 2023: Düsseldorf – Seit dem Mega-Streik, der am 27. März quasi ganz Deutschland lahmgelegt hat, ist es ruhig geworden. Größere Streiks gab es seitdem in NRW nicht mehr. Doch der Tarifstreit im öffentlichen Dienst ist noch nicht beigelegt – ganz im Gegenteil. Ist es also nur die Ruhe vor dem Sturm? Durchaus möglich, denn sollte die aktuelle Schlichtung und die darauffolgenden Tarifverhandlungen zu keiner Einigung führen, dann droht sogar ein unbefristeter Streik bei Bus und Bahn, Müllabfuhren, Kitas und in vielen anderen Bereichen. NRW könnte dann tage- oder sogar wochenlang lahmgelegt werden.

U-Bahnen der Rheinbahn in Düsseldorf.
Allein bei der Rheinbahn in Düsseldorf standen in diesem Jahr aufgrund von Streiks bereits mehrfach alle Bahnen still. © Michael Gstettenbauer/Imago

Trotz Streikwelle in Deutschland und NRW noch keine Einigung im Tarifstreit

Zwischen Februar und März gab es kaum einen Tag, an dem nicht irgendein öffentlicher Bereich in NRW bestreikt wurde. Besonders heftig bekamen das Millionen Menschen bei den Streiks im ÖPNV zu spüren. Gleich mehrfach standen Busse und Bahnen in dutzenden Städten still. Die KVB in Köln oder die Rheinbahn in Düsseldorf waren ebenso gleich an mehreren Tagen betroffen, wie unter anderem auch die DVG in Duisburg oder die SWB in Bonn. Dazu kamen auch Streiks an den Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn sowie Arbeitsniederlegungen bei Kitas, in Kliniken oder bei der Müllabfuhr im ganzen Land.

Hintergrund der Streiks ist ein Tarifstreit im öffentlichen Dienst, der zuletzt zu eskalieren drohte. In bislang drei Verhandlungsrunden, Ende Januar, Ende Februar und Ende März jeweils in Potsdam, konnte keine Einigung erzielt werden. Die Gewerkschaft Verdi und der Beamtenbund dbb fordern für die deutschlandweit rund 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Die Arbeitgeber von Bund und Kommunen lehnten diese Forderung bislang ab. Nach Auskunft von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatten die Arbeitgeber 8 Prozent mehr Einkommen und einen Mindestbetrag von 300 Euro geboten. Verdi und dbb erklärten die Verhandlungen daraufhin für gescheitert.

Tarifstreit im öffentlichen Dienst ist aktuell im Schlichtungsverfahren

Die gute Nachricht für Pendlerinnen und Pendler in NRW: Noch bis zum 22. April drohen keine weiteren Streiks. Denn aktuell herrscht eine sogenannte Friedenspflicht. Diese gilt, weil die Arbeitgeberseite auf das Scheitern der Verhandlungen mit der Einleitung eines Schlichtungsverfahrens reagierte. Seit Gründonnerstag (6. April) ist die Schlichtungskommission im Einsatz, die die verhärteten Fronten im Tarifkonflikt aufweichen soll. Solange die Schlichtung läuft, darf aufgrund der Friedenspflicht nicht gestreikt werden.

„Wenn die Schlichtung zum Erfolg werden soll, müssen sich die Arbeitgeber noch einmal bewegen. Wir machen keinen Bückling vor den Arbeitgebern und werden nicht einknicken“, zeigte sich Verdi-Chef Frank Werneke vor dem Beginn der Schlichtung gegenüber der Augsburger Allgemeinen entschlossen. Die weiteren Tarifverhandlungen sollen nach dem Ende der Schlichtung am 22. April fortgesetzt werden. Falls die Gespräche dort erneut scheitern, dann drohen flächendeckende und sogar unbefristete Streiks im öffentlichen Dienst.

Hinweis auf sechswöchigen Streikplan, falls Verhandlungen erneut scheitern

Ein solches Schreckensszenario gab es zuletzt 1992 im öffentlichen Dienst. Damals brachte auch eine Schlichtung keine Lösung für den Tarifstreit. Im öffentlichen Dienst folgte ein flächendeckender Streik über insgesamt zwölf Tage, der massive Auswirkungen hatte. Ein solcher Super-Streik könnte also erneut folgen, falls es bei den nächsten Verhandlungen Ende April keine Einigung geben sollte. Verdi müsste dafür in eine Urabstimmung gehen. Sollten die Mitglieder der Gewerkschaft dafür stimmen, wäre wohl ein unbefristeter Streik die Folge.

Wie der Tagesspiegel berichtet, soll es bereits intern einen Streikplan geben, der sechswöchige Arbeitsniederlegungen vorsieht. Der Schwerpunkt läge demnach auf Abfall- und Verkehrsbetrieben sowie Krankenhäusern. (bs) Fair und unabhängig informiert, was in NRW passiert – hier unseren kostenlosen 24RHEIN-Newsletter abonnieren.

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