49-Euro-Ticket könnte für viele Studierende deutlich billiger werden
Das 49-Euro-Ticket könnte auch für Studenten viel ändern. Eine Tarifausweitung und Preisrabatt des Semestertickets sind im Gespräch. Das planen die NRW-Unis.
Köln – Am 1. Mai 2023 kommt das 49-Euro-Ticket, aber immer noch sind etliche Fragen zum offen. Vor allem, welche Auswirkungen das neue ÖPNV-Abo für Studierenden bundesweit haben wird, wird noch heiß diskutiert. Nach aktuellem Stand würde sich für sie nichts ändern, was auf viel Kritik stößt. Denn einerseits würden Studenten somit nicht vom erweiterten Tarifgebiet profitieren und andererseits auch nicht finanziell entlastet werden. Viele Bundesländer machen bei dem Thema wohl erstmal ihr eigenes Ding. Doch wie sind die Haltungen und Planungen in NRW? 24RHEIN hat bei Unis, Hochschulen, Studierendenwerken sowie Studierendenvertretungen (ASten) nachgefragt.
Wie funktioniert das Semesterticket in NRW?
Die Semestertickets in NRW basieren auf einem „Solidarmodell“. Das heißt: alle Studierende einer NRW-Hochschule bezahlen über ihren Semesterbeitrag dasselbe, wodurch der Preis für alle günstiger wird. Aktuell sind das rund 200 bis 220 Euro pro Semester, also rund 35 Euro im Monat. Das heißt, das 49-Euro-Ticket wäre für Studierende in NRW deutlich teurer. Damit können Studis den ÖPNV in ganz NRW nutzen.
49-Euro-Ticket für Studenten: Das ist an den NRW-Unis geplant
- RWTH Aachen: Das für das Semesterticket zuständige AStA der Aachener Uni fordert „ein solidarisch finanziertes Semesterticket mit deutschlandweiter Gültigkeit“ zum Preis von 129 Euro pro Semester. „Dies wäre, aufgrund der mit dem 9-Euro-Ticket gesammelten Erfahrungen, bereits zum 1. Mai umsetzbar“, sagt die Vorsitzende Svenja Borgmann gegenüber 24RHEIN. Aufgrund der Gesetzeslage müsse die Preisdifferenz zwischen dem Semesterticket und dem 49-Euro-Ticket „ausreichend groß sein“, erklärt Borgmann weiter. „Somit muss es unserer Einschätzung nach eine Preisreduktion des Semestertickets geben, um das Solidarmodell fortzuführen. Dies wünschen wir uns explizit – genauso wie die Verkehrsverbünde“. Der AStA haben sich seit der Ankündigung des 49-Euro-Tickets „bereits mehrfach mit dem AVV ausgetauscht und auch das Gespräch mit verschiedenen Landes- und Bundepolitiker*innen gesucht“.
- Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn: Das AStA Bonn befindet sich laut der Unversitäts-Sprecher im Gespräch mit dem zuständigen Verkehrsbund Rhein-Sieg sowie der Politik. Das bestätigt auch die AStA selbst auf 24RHEIN-Nachfrage. „Das Thema hat für unseren AStA absolute Priorität. Eine einheitliche Regelung für Nordrhein-Westfalen gibt es bisher noch nicht“, sagt Pressesprecher Otis Henkel. Die Bonner Studierendenvertretung fordert ein „vergünstigtes Deutschland-Ticket von etwa 29€ mit bundesweiter Gültigkeit“.
- Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf: Als einer der wenigen Unis bezieht die HHU auf 24RHEIN-Anfrage direkt Stellung. „Wir setzen uns auch künftig dafür ein, dass das Semesterticket nie teurer sein darf als ein anderes Ticket mit vergleichbaren Eigenschaften“, sagt Prof. Dr. Christoph J. Börner, HHU-Prorektor für Studienqualität und Lehre. Das Studiticket sollte nach Ansicht der Düsseldorfer Uni somit auch zukünftig „ein ganzes Stück günstiger sein“. Denn laut Börner würden letztlich auch die Verkehrsbetriebe durch die bessere Planbarkeit gegenüber dem Deutschlandticket von den Semestertickets profitieren. Die Düsseldoer AStA selbst kritisiert die aktuelle Form des Deutschlandstickets: „Studierende wurden beim 49€ Ticket jedoch wie so oft, aus unserer Sicht, vergessen. Für uns stellt die neue Ticketeinführung keine wirkliche Entlastung, wie von der Politik geplant, dar“, sagt Pressesprecher Torben Krauß gegenüber 24RHEIN. Das Semesterticket würde dadurch „abgewertet“, da die ÖPNV-Nutzung für Studierende im Verhältnis teurer würde. Um den zu entgegnen, fordert die AStA der HHU ebenfalls ein bundesweites gültiges Semesterticket für 129 Euro pro Semester. Zeitnah sei ein weiteres Treffen mit Politik, der Universität und Verkehrsunternehmen geplant.
- Universität Duisburg-Essen: Das Studierendenwerk Essen-Duisburg verweist auf die Aussagen des bundesweiten Dachverbandes „Nähere Auskünfte zu Semesterticket und 49 €-Ticket können wir zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht geben“, sagt ein Sprecher gegenüber 24RHEIN. Auch die Uni möchte sich zu dem Thema nicht konkret äußern, da die entsprechenden Verhandlungen zwischen dem AStA und den Verkehrsunternehmen geführt werden.
- Universität Köln: Das Kölner Studierendenwerk betont auf Anfrage, dass die Frage, wie das Ticket für Studierende ausgestaltet wird, „sehr wichtig“ sei. „Wir schließen uns hier der Forderung unseres Dachverbandes an, dass sich die Situation der Studierenden in diesen angespannten finanziellen Zeiten nicht verschlechtern darf. Wie das konkret aussehen kann, dazu haben wir keine Position, denn die Verhandlungen über das (aktuelle) NRW-Ticket werden nicht vom Kölner Studierendenwerk geführt“, sagt Pressesprecher Klaus Wilsberg. Die AStA der Uni Köln schreibt auf seiner Website lediglich, dass man aktuell noch auf Informationen warte, „ob und wie sich das Deutschlandticket (49 € Ticket) auf das Semesterticket auswirken wird.“
- TH Köln: Die AStA der TH Köln steht laut eigenen Angaben „intensiv mit verschiedensten Akteuren im
Austausch“ zum Thema 49-Euro-Ticket für Studierende. „Die NRW-ASten sind sich einig, dass ein deutschlandweit gültiges 49,-EUR-Ticket für alle nur mit einem deutlichen Preisvorteil für Studierende als Semesterticket [rechtlich] umzusetzen ist“, sagt Marco Reichardt, der zuständige Projektleiter für „Hochschulpolitik“ und übt vor allem Kritik an der aktuellen NRW-Landesregierung. Diese „scheint sich derzeit sehr auf den bundesweiten Gesprächen auszuruhen“, bisher habe die AStA der TH Köln keine Rückmeldung erhalten.
Auf 24RHEIN-Nachfrage verweisen alle angefragten Unis und Hochschulen auf die jeweiligen Allgemeinen Studierendenausschüsse (AStA). Diese sind nämlich in NRW für die Verhandlungen des Semestertickets mit den jeweiligen Verkehrsbünden zuständig. Je nach Standort sind das in NRW der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR), Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS), Aachener Verkehrsbund (AVV) oder WestfalenTarif.
Auch die meisten NRW-Studierendenwerke hielten sich gegenüber 24RHEIN bezüglich des Deutschlandtickets eher bedeckt. So verwiesen die Vertretungen in Düsseldorf, Essen-Duisburg, Bonn, Aachen nur auf die Forderungen ihres bundesweiten Dachverbands. „Für viele der rund 2,9 Millionen Studierenden in Deutschland sprengen 49 Euro im Monat für die Mobilität schlicht das Budget. Sie benötigen einen Preisdeckel für ihre ÖPNV-Tickets“, sagte Matthias Anbuhl, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Studierendenwerks (DSW), Ende Januar.
Die wichtigsten Fragen & Antworten zum 49-Euro-Ticket
Rund um das Deutschlandticket sind viele Dinge noch ziemlich unklar. 24RHEIN beantwortet die wichtigsten Fragen zum 49-Euro-Ticket.
Wegen 49-Euro-Ticket: NRW-Studierendenvertretungen fordern 129 Euro-Semesterticket

Wie bereits mehrere Studienvertretungen auf 24RHEIN-Anfrage erklärten, hat der Landes-ASten-Treffen Nordrhein-Westfalen (LAT NRW) bereits im November 2022 eine einheitliche Forderung formuliert. Demnach sprechen sich alle AStAs in NRW dafür aus, den Preis für das Semesterticket ab 1. Mai 2023 deutlich auf 129 Euro pro Semester (6 Monate) zu reduzieren. Das entspricht 21,50 Euro pro Monat, bisher werden an den NRW-Unis zwischen 30 und 40 Euro für das Semesterticket erhoben. Außerdem fordern die Studeriendenvertretunge, dass das NRW-Semesterticket genau wie das 49-Euro-Ticket bundesweit gelten solle.
Laut dem Landes-ASten-Treffen NRW sei die Lage „akut“, da mit der Einführung des Deutschlandtickets dem bisherigen Semesterticket die rechtliche Grundlage genommen werden könnte. „Das 49-Euro-Ticket ist teurer als das Semesterticket – jedoch ist der Unterschied nicht so gravierend wie zuvor, sodass das Solidarmodell vor Gericht in Gefahr geraten könnte. Dann würden vor allem arme Studierende in eine fatale Lage gebracht. Wenn Studierende sich kein Ticket leisten können, leidet das Studium und das gesamte Leben“, sagt LAT-Koordinator Ken Berkpinar. Somit ist durch die Einführung des Deutschlandstickets auch das bisherige Semesterticket in Gefahr.
49-Euro-Ticket für Studenten: Gibt es eine Rückerstattung für das Semesterticket?
Das ist aktuell völlig unklar. Falls der Preis des NRW-Semestertickets aber tatsächlich ab 1. Mai 2023 sinken würden, dann könnten Studierenden der Differenzbetrag wie beim 9-Euro-Ticket zurückerstattet bekommen. Denn das Datum fällt erneut mitten in das kommende Sommersemester 2023, welches je nach NRW-Uni oder -Hochschule im März oder April beginnt. Der entsprechende Semesterbeitrag (samt Betrag für das aktuelle Semesterticket) muss sogar bereits im Februar überwiesen werden.
NRW-Verkehrsminister strebt Studenten-Rabatte wegen 49-Euro-Ticket an
Offiziell hat die Politik weder im Bund noch in NRW beschlossen, welche Auswirkungen das Deutschlandticket für Studierende genau haben wird. Jedoch hat sich vor allem NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer sehr positiv zu möglichen Ermäßigungen geäußert. Man werde zum Start des 49-Euro-Tickets sicher „weitere Tarifangebote haben, die auf dem Ticket aufbauen“, sagte der Grünen-Politiker der Rheinischen Post am 13. Januar und ergänzt: „Wir sprechen gerade über die Weiterentwicklung der Tickets für Studierende, für Auszubildende und auch der Sozialtickets, was wir alles heute schon haben.“
Gegenüber dem Spiegel erklärte Oliver Krischer zudem, dass es langfristig das Ziel sei, dass alle Studierenden den ÖPNV deutschlandweit nutzen könnten, „ohne doppelt bezahlen zu müssen“. Es solle „möglichst schnell“ eine bundesweite Regelung für einen Solidarbeitrag für Studierende geben. Sehr wahrscheinlich aber noch nicht zum Start des Deutschlandtickets am 1. Mai 2023, da die Verhandlungen mit den ASten noch länger dauern würden. Demnach sollen die „bestehenden Semesterticket-Vereinbarungen sollen (zunächst) erhalten bleiben“.
Die Chancen, dass zumindest einer der beiden Forderungen (Preisreduzierung und bundesweite Gültigkeit) der NRW-Studierendenvertretungen für das Semesterticket umgesetzt wird, stehen also gut. Ähnlich ist es bereits beim Jobticket zum 49-Euro-Ticket-Start geplant, was der NRW-Verkehrsminister ausdrücklich lobt. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) ist dafür, dass es übergangsweise ein „Aufstockermodell“ (Upgrad-Modeel) geben solle. Mit diesem würden Studierende ihren Semesterbeitrag unverändert zahlen, könnten aber nach der Zahlung des entsprechenden Differenzbetrags zum 49-Euro-Tickets dieses auch bundesweit nutzen. (os) Fair und unabhängig informiert, was in Köln, Düsseldorf und NRW passiert – hier unseren kostenlosen 24RHEIN-Newsletter abonnieren. Dieser Text wird laufend aktualisiert.