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Droht jetzt bald ein unbefristeter Streik bei Bus und Bahn? 

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Von: Benjamin Stroka

Die Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern im öffentlichen Dienst sind gescheitert. Jetzt soll eine Schlichtung helfen – sonst drohen unbefristete Streiks.

Potsdam – Drei Verhandlungsrunden und dutzende Warnstreiks in den vergangenen Wochen – doch trotzdem gibt es immer noch kein Ergebnis. Die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst sind am frühen Donnerstagmorgen offiziell als gescheitert erklärt worden. Die Gewerkschaft Verdi sowie der Beamtenbund dbb konnten sich mit der Arbeitgeberseite von Bund und Kommunen nicht einigen.

Jetzt soll eine unabhängige Schlichtungskommission die verhärteten Fronten im Tarifstreit aufweichen und vielleicht doch noch für eine Einigung sorgen. Sollten auch die Schlichter keinen Erfolg haben, dann drohen sogar unbefristete Streiks im öffentlichen Dienst – und damit auch bei Bus und Bahn im ÖPNV in NRW.

Eine KVB-Bahn in Köln bei einem Verdi-Streik.
Sollte auch die Schlichtung kein Erfolg bringen, könnten Busse und Bahnen auch in NRW tagelang still stehen. © Christoph Hardt/Panama Pictures/Imago

Nach Streik keine Einigung im Tarifstreit: Wie geht es jetzt weiter?

Verdi hatte nach am frühen Donnerstagmorgen das Scheitern der Verhandlungen erklärt. Die Arbeitgeberseite reagierte darauf mit der Einleitung eines Schlichtungsverfahrens. Die nächsten Schritte sind nun klar vorgegeben. Es gelten feste Regeln und Fristen für den Ablauf der Schlichtung. So setzt ab Sonntag eine sogenannte Friedenspflicht ein.

„Das bedeutet, dass es bis zum Ende der Verhandlungen über das Schlichtungsergebnis keine Streiks im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen geben wird“, erklärt Verdi. Bis nach Ostern soll es daher erstmal keine weiteren Streiks geben.

Schlichtung im Tarifstreit: Wie läuft das ab?

Die Schlichtungskommission besteht laut Verdi-Angaben aus insgesamt 24 Personen. Zwölf davon aufseiten der Arbeitgeber und zwölf aufseiten der Gewerkschaften. Vorsitzender der Arbeitgeberseite in der Schlichtungskommission ist der ehemalige sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt. Der ehemalige Bremer Staatsrat Hans-Henning Lühr übernimmt diesen Part für die Gewerkschaften. Im Zweifelsfall hat Lühr die entscheidende Stimme.

Die Schlichtungskommission wird nun in den nächsten Tagen und Wochen versuchen, doch noch eine Einigung im Tarifstreit zu erwirken. Für Mitte April wird ein sogenannter Schlichterspruch erwartet. Sollte dieser von beiden Seiten angenommen werden, dann wäre das die Einigung im Tarifstreit. Es ist aber möglich, dass auch die Schlichtung nicht zum Erfolg führt.

Was passiert, wenn auch die Schlichtung keine Einigung bringt? Kommt ein neuer Streik?

Dann drohen sogar unbefristete Streiks im öffentlichen Dienst. Verdi müsste dafür in eine Urabstimmung gehen. Sollten die Mitglieder der Gewerkschaft dafür stimmen, könnten unbefristete Streiks die Folge sein. Das gab es zuletzt 1992 im öffentlichen Dienst. Damals brachte auch eine Schlichtung keine Lösung für den Tarifstreit. Im öffentlichen Dienst folgte ein flächendeckender Streik über insgesamt zwölf Tage, der massive Auswirkungen hatte.

Falls die Schlichtung auch bei den aktuellen Verhandlungen nicht zum Erfolg führen sollte, könnte es im schlimmsten Fall also erneut zu tagelangen und flächendeckenden Streiks kommen. Auch der ÖPNV wäre lahmgelegt. Beispielsweise könnte auch bei der KVB in Köln oder der Rheinbahn in Düsseldorf dann für eine Woche oder mehr Stillstand herrschen. Das brächte nochmal eine „ganz andere Dimension“, sagte die Düsseldorfer Verdi-Geschäftsführerin Stephanie Peifer bereits am Montag der dpa, als Verdi gemeinsam mit der Bahngewerkschaft EVG ganz Deutschland durch einen Mega-Streik lahmgelegt hat.

Wie sieht es bei der Deutschen Bahn aus?

Auch die Deutsche Bahn wurde beim Mega-Streik am 27. März bestreikt. Allerdings nicht von Verdi, sondern von der Bahn-Gewerkschaft EVG. Auch dort gibt es aktuell einen Tarifstreit. Weitere Bahn-Streiks sind aber vorerst von der EVG nicht zu erwarten. Die nächsten Verhandlungen dort finden Ende April statt.

Was fordern die Gewerkschaften von den Arbeitgebern im Tarifstreit?

Verdi und der dbb fordern für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Betroffen sind davon etliche Berufsgruppen, beispielsweise Beschäftigte bei Bus und Bahn, in Kitas, bei Bädern, Feuerwehren oder auch Kliniken. Der Mindestbetrag, der vor allem Bezieherinnen und Beziehern unterer Einkommen zugutekäme, war für die Gewerkschaften dabei besonders wichtig.

Die Arbeitgeber wiederum boten in ihrem letzten Angebot 8 Prozent mehr Einkommen und einen Mindestbetrag von 300 Euro sowie eine Einmalzahlung von 3000 Euro an. Damit seien die Arbeitgeber „bis an die Grenze des Verantwortbaren für die öffentlichen Haushalte“ auf die Gewerkschaften zugegangen, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser.

Verdi-Chef Frank Werneke wiederum sprach von unüberbrückbaren Unterschieden. „Für uns steht nach wie vor ein sozial gerechter Abschluss im Mittelpunkt. Die Arbeitgeber waren trotz deutlicher Bewegung nicht bereit, den Beschäftigten beim Mindestbetrag ausreichend entgegenzukommen“, sagte Werneke. „Die Vorschläge der öffentlichen Arbeitgeber hätten nicht sichergestellt, dass die Kaufkraft insbesondere für die unteren und mittleren Einkommensgruppen erhalten bleibt.“ (bs) Fair und unabhängig informiert, was in NRW passiert – hier unseren kostenlosen 24RHEIN-Newsletter abonnieren.

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