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Wozu eigentlich noch ARD, ZDF und Deutschlandradio?

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Von: Michael Hirz

Fernbedienung vor einem Fernsehgerät, im Hintergrund läuft die Tagesschau
Über 8 Milliarden Euro Gebühren erhalten die öffentlich-rechtlichen Sender Jahr für Jahr. © U.J. Alexander / Imago

ARD, ZDF, WDR & Co. unter Druck: Die Sender müssen sich gegenüber den Gebühren-Zahlern neu legitimieren, meint unser Gastautor Michael Hirz.

Köln – Na sicher, Artenschutz ist absolut notwendig. Ohne ihn wird es auch für uns Menschen irgendwann eng. Darüber gibt es grundsätzlich wohl keinen ernsthaften Streit. Doch brauchen wir auch Artenschutz für Unternehmen? Für Institutionen? Vereine? Auch hier gibt es galoppierenden Arten-Schwund. Gestern noch scheinbar so mächtig, ruhen sie heute auf dem Friedhof eines gnadenlosen Fortschritts: Ob Kodak oder Dresdner Bank, PanAm oder Nokia – alle waren mal groß, alle sind nun Geschichte.

Auch Kirchen und Gewerkschaften leiden unter Auszehrung, Vereine wie Parteien kämpfen mit dem Verlust an Bedeutung und Mitgliedern. Das Wort Sportverein wirkt im Vergleich zum Fitness-Center muffig wie eine ungelüftete Umkleide. Wenn sich etwas daraus lernen lässt, ist es, dass die Welt sich immer rasanter verändert – und nichts für die Ewigkeit ist.

Aus ARD, ZDF & Deutschlandradio kann man nicht austreten

Womit wir beim Öffentlich-rechtlichen Rundfunk wären. Denn auch der ist alles, aber er ist für viele nicht mehr selbstverständlich. Anders jedoch als aus der SPD oder der Katholischen Kirche kann man aus ARD, ZDF, Deutschlandradio, WDR & Co. nicht austreten. Daran ändern weder aktuelle Skandale wie beim RBB noch eine anhaltende Unzufriedenheit mit dem Programm etwas. Da ist schon das Bundesverfassungsgericht vor, das den Öffentlich-Rechtlichen eine Bestands- und Entwicklungsgarantie gegeben hat.

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Gesundschrumpfen oder Kaputtsparen

Diese existenzbedrohende Botschaft, davon darf man ausgehen, ist in den Funkhäusern angekommen. Längst weiß man, dass die finanziell sorgenlosen Zeit vorbei ist. Mehrere Ministerpräsidenten haben bereits zu Protokoll gegeben: Mehr Geld gibt es nicht. Angesichts einer zumindest trabenden Inflation eine Nachricht, die Reformen erzwingt. Was heißt das aber im Klartext für das Publikum (weniger und/oder schlechteres Programm, reduziertes Internetangebot, Auflösung von Orchestern und Chören?) und für die Beschäftigten (Gehaltskürzungen, Stellenstreichungen, betriebsbedingte Kündigungen?)?

Gesundschrumpfen oder Kaputtsparen, zwischen diesen Positionen müssen die Verantwortlichen gerade navigieren, ohne die Titanic sinken zu lassen. Klar ist: Die Sender müssen sich gegenüber den Beitragszahlern neu legitimieren, ihren Wert für die Gesellschaft, der sie gehören, deutlich machen. Angesichts der gewachsenen Zahl von Kritikern links wie rechts ist das ein schwieriges Unterfangen.

Ist der Rundfunkbeitrag eine „Demokratieabgabe“?

Einer, der in diesem Kampf viel Fronterfahrung hat, ist Jörg Schönenborn. Für den Programmdirektor des WDR, eins der bekanntesten Gesichter und der führenden Köpfe der ARD, ist das Alltag. Er gilt als erfahren, reformorientiert, unideologisch und pragmatisch. Doch wozu braucht es noch die Öffentlich-Rechtlichen, wie und wo sehen sie ihre Zukunft und was tun sie, damit sie diese Zukunft auch erleben? Müssen ARD und ZDF fusionieren? Einige der Angebote abgeschaltet werden? Ist der Rundfunkbeitrag eine „Demokratieabgabe“, wie Jörg Schönenborn es einmal formuliert hat? In Zeiten von Fake News, Shitstorms und einer zunehmend polarisierten Gesellschaft ist der Zustand der Medien nicht irrelevant, das zeigt nicht zuletzt die Entwicklung in den USA.

Der Kölner Presseclub hat Jörg Schönenborn eingeladen, zu diesen und anderen Fragen Rede und Antwort zu stehen (Montag, 30. Januar 2022 ab 19.30 Uhr im Hotel Excelsior Ernst, direkt am Kölner Dom). Eine gute Gelegenheit also, sich selbst ein Bild zu machen. Anmeldung: info@koelner-presseclub.de. Gerne nehme ich Ihre Fragen auf. Ich freue mich über Rückmeldungen und Anregungen.

► 24RHEIN-Gastautor Michael Hirz vom Kölner Presseclub war bis vor kurzem Programm-Geschäftsführer des Politik-Senders Phoenix und hat u. a. den „Internationalen Frühschoppen“ moderiert. Jetzt ist Michael Hirz freier Journalist, Kommunikationsberater und sitzt im Vorstand des Kölner Presseclub. Dieser Beitrag stammt aus dem Presseclub-Newsletter, den Sie hier abonnieren können.

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