WDR startet Umfrage zum Gendern: Ergebnis ist eindeutig

Gendern: Ja oder Nein? Der WDR hat dazu eine Umfrage in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse sind recht deutlich.
Köln – Das Thema Gendern scheint die Nation zu spalten – und auch Sendeanstalten. Denn da taucht immer wieder die Frage auf: Gendern wir? Der WDR hat nun eine repräsentative Umfrage von infratest dimap in Auftrag gegeben, die sich genau diesem Thema widmet. Die Ergebnisse zeigen, dass den Deutschen das Gendern nicht so wichtig ist.
WDR: Gendern oder nicht Gendern?
Bei der Umfrage wurden mehr als 1000 Menschen im September 2022 befragt. Die Antworten wurden dann mit einer Befragung im September 2020 verglichen. Für den WDR sei die Umfrage vor allem in Hinblick auf die journalistische Arbeit interessant. „Sprache ist unser wichtigstes Handwerkszeug“, sagt WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn.
WDR: Mehrheit der Befragten ist Thema Gendern nicht so wichtig
Für fast zwei Drittel der Menschen spielt eine gendergerechte Sprache keine besonders große Rolle, teilt der WDR mit. Das sind etwas mehr als vor zwei Jahren. Die Ergebnisse zeigten auch, dass das Thema Gendern eher für Jüngere wichtig ist, die älteren Zielgruppen lehnen das Gendern demnach mehr ab. Laut WDR-Umfrage ist demnach 43 Prozent der jüngeren Umfrageteilnehmer (14 bis 29 Jahre) das Thema Gendern wichtig ist, 68 Prozent der Älteren (50 bis 59 Jahre) ist das Thema weniger bis gar nicht wichtig.
Der WDR hatte nach der Haltung zum Thema Gendern gefragt: Dabei gaben insgesamt 41 Prozent der Befragten an, dass ihnen das Thema gar nicht wichtig sei (Vergleich: 2020 waren es 30 Prozent). Sehr wichtig finden das Gendern nur 16 Prozent (Vergleich: 2020 waren es noch 19 Prozent).
Einen Unterschied zwischen den Geschlechtern gab es demnach kaum. Männer und Frauen antworteten in etwa gleich.
WDR-Umfrage: Doppelnennung in Ordnung – „Gender-Gap“ kommt nicht gut an
Den jüngeren Befragten ist besonders die geschlechtsneutrale Formulierung wichtig. Dazu gehört auch die Doppelnennung von weiblichen und männlichen Formen, wie „Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen“. Diese Form wird von mehr als der Hälfte genutzt. In der Berichterstattung scheint diese Form auch besser anzukommen: zwei Drittel akzeptieren die Doppelnennung eher.
Sprechpause beim Gendern lehnt Mehrheit ab
Die Benutzung von Symbolen, also dem Sternchen oder dem Doppelpunkt (Mitarbeiter*innen oder Mitarbeiter:innen) findet eine Mehrheit nicht so gut: Diese Form finden nur 35 Prozent gut, 59 Prozent nicht. Das „Gender-Gap“, also die Sprechpause innerhalb von Wörtern vor der weiblichen Form, lehnt die Mehrheit ab: Nur bei 27 Prozent findet die Sprechform Anklang, 69 Prozent können mit dieser Form des Genderns gar nichts anfangen.
Gender-Umfrage: Das sagt der WDR und die sozialen Netzwerke
Nachdem die Umfrage-Ergebnisse bekannt gegeben wurden, äußerte sich auch der WDR dazu. Der Sender teilt mit, dass die Umfrage den bisherigen Umgang mit dem Thema nur bestätigt. „Sprache ist ja etwas ganz Persönliches und wir wollen so sprechen wie unser Publikum. Und wenn wir feststellen, dass diese Sprechlücke abgelehnt wird, dann empfehlen wir auch, darauf zu verzichten“, sagt Jörg Schönenborn. Da sich Sprache aber immer verändere, müsse man es beobachten. „Das ist nichts für die Ewigkeit und deshalb gucken wir auch immer neu drauf“, so Schönenborn.
Bislang stand der WDR dem Gendern positiv gegenüber. Als öffentlich-rechtlicher Sender hat der WDR bisher immer sehr drauf geachtet, sein gesamtes Publikum miteinzubeziehen. Vielleicht sogar ein bisschen zu viel, so ist der Moderatorin Catherine Vogel in der „Aktuelle Stunde“ ein vermeintlicher Ausrutscher passiert. Catherine Vogel benutzte das Wort „Krankschwesterin“ in der „Aktuellen Stunde“ ein paar Mal, ob das Absicht war oder sie sich tatsächlich einfach nur versprochen hat, ist nicht geklärt. Allerdings hat ein Jahr später Stefan Fuckert, Moderator der „WDR Lokalzeit Südwestfalen“, dieses „Sprach-Fauxpas“ wiederholt. Diese besondere Genderform stieß besonders in den sozialen Medien auf Kritik.
„Endlich hat der WDR es eingesehen“
Auch zur Gender-Umfrage wurde auf den sozialen Medien, besonders auf Twitter, viel diskutiert. Viele Userinnen und User schließen sich den Ergebnissen an und twittern: „Endlich hat der WDR es eingesehen“ oder „Geht doch!“ Andere Nutzerinnen und Nutzer sind da anderer Meinung: „Ich bin kein Mitarbeiter, Radfahrer, Steuerzahler etc. Ich bin Mitarbeiterin, Radfahrerin, Steuerzahlerin ... Und ich will verdammt nochmal nicht mehr im generischen Maskulinum unsichtbar gemacht werden. Gendern ist wichtiger Teil gesellschaftlicher Entwicklung“, so eine Twitter-Userin.
Olaf Scholz benutzt eine weitere Gender-Form: „Bürger und Bürger“
Eine klare Regel oder Lösung zum Gendern wird es also weiterhin erstmal nicht geben. Dass das Gendern aber auch mal für Verwirrung sorgen kann, lässt sich auch bei Spitzenpolitikern erkennen. Bundeskanzler Olaf Scholz tendiert bei seinen Ansprachen oft dazu, zweimal die männliche Form zu nutzen – mutmaßlich sind das lediglich Versprecher, in den sozialen Medien sorgt das Phänomen aber für Erheiterung: Ein Zusammenschnitt seiner „Bürger und Bürger“-Formulierungen hatte zuletzt das ZDF-Satireformat „Heute Show“ auf ihrem TikTok-Kanal veröffentlicht. (amp) Fair und unabhängig informiert, was in NRW passiert – hier unseren kostenlosen 24RHEIN-Newsletter abonnieren.