Wende in Lützerath: Gehören RWE die Kohle-Grundstücke gar nicht?
Offenbar gehören RWE Flächen bei Lützerath gar nicht, die für den Kohleabbau nötig sind, sagt die Grünen-Politikerin Antje Grothus. Sie fordert: „Räumung stoppen“.
Düsseldorf – Das könnte eine 180-Grad-Wende für die Diskussion um den Braunkohle-Tagebau Garzweiler II und den Abriss des Dorfes Lützerath sein: Nach Informationen der NRW-Landtagsabgeordneten Antje Grothus (Grüne) gibt es immer noch Grundstücke am Tagebau, die RWE gar nicht gehören. Selbst wenn Lützerath also geräumt und abgerissen werde, könne RWE gar nicht ohne Weiteres den Hauptbetriebsplan zum Braunkohleabbau umsetzen, so Grothus.
Lützerath: Flächen gehören RWE gar nicht, sagt die Landtagsabgeordnete Antje Grothus
„Im Bereich des aktuell genehmigten Betriebsplans für den Tagebau Garzweiler befinden sich Flächen, deren Eigentümer nicht an RWE verkaufen wollen. Somit drohen im geplanten Abbaugebiet langwierige und juristisch unsichere Enteignungen auch nach einer Räumung Lützeraths. Der Tagebau könnte bis zu deren Abschluss einige hundert Meter hinter Lützerath zum Stillstand kommen“, teilt Grothus mit.
Konkret heißt das: RWE besitzt gar nicht alle Flächen, die der Konzern in den nächsten Jahren abgraben will, sagt die Grünen-Politikerin. Aus direktem persönlichen Kontakt lägen ihr Informationen vor, dass sich Flächen östlich der Landstraße L 12 im Bereich um den Windpark Keyenberg befinden, deren Eigentümer ihr Land nicht freiwillig an RWE übertragen wollen.
Antje Grothus
Geboren 1964 in Bochum
Wurde bundesweit bekannt, als sie sich 2018 für den Erhalt des Hambacher Forsts einsetzte
Die Umweltschützerin trat 2021 in die Partei Bündnis 90/Die Grünen ein
Seit Juni 2022 ist sie Abgeordnete im NRW-Landtag
Diese Gebiete bei Lützerath liegen innerhalb des Hauptbetriebsplans für den Kohleabbau 2023 bis 2025, aber RWE darf sie nicht in Anspruch nehmen, sagt Grothus. Eine Enteignung komme nach ihrer Auffassung nicht infrage. „Um den sozialen Frieden der Region in den nächsten Jahren zu wahren, ist eine Neuplanung des Tagebaus notwendig. Er muss so geführt werden, dass RWE niemandem mehr seinen Acker wegnimmt“, so Grothus.
Antje Grothus: „Räumung von Lützerath muss gestoppt werden“
Deshalb fordert sie: „Angesichts dieser neuen Information bezüglich der Eigentumsverhältnisse muss die Räumung Lützeraths gestoppt werden, bis eine neue, sozialverträgliche Planung vorliegt.“
Bislang seien diese Aspekte nicht öffentlich diskutiert worden, sagte Grothus‘ persönlicher Referent Daniel Hofinger: „Frau Grothus hat sich angesichts der aktuellen Ereignisse bei der Lützerath-Räumung dazu enschieden, einen Stopp der Räumung zu fordern.“ RWE selbst habe in einer Präsentation für das NRW-Wirtschaftsministerium gewarnt, dass die Grundstücksverhältnisse an der Landstraße bei Lützerath nicht geklärt seien.
RWE warnte selbst: „Grundstücksbeschaffung ungelöst“
Tatsächlich heißt es in dem Dokument: „Weitere Grundstücksbeschaffung ungelöst; damit weitere Beeinträchtigung mit Reduzierungen von Kohle und Abraum wahrscheinlich.“
„Ich weiß aus eigener Erfahrung, welche Gefahren von einer Großräumung für alle Beteiligten ausgehen. Ich bitte daher alle, in deren Macht es steht, die Räumung abzubrechen und zurück an den Gesprächs- und Verhandlungstisch zu gehen“, so Antje Grothus, die damit die erste Grüne der Landtagsfraktion ist, die diese Forderung stellt.
Demo in Lützerath: Polizei setzt Schlagstöcke und Wasserwerfer ein
Aktuell verteidigen Aktivisten das Dorf am Tagebau Garzweiler vehement vor der Räumung. Manche von ihnen leben schon Monate bis Jahre hier und besetzen die Reste des Dorfs, das RWE abreißen will, um an die Kohle darunter zu gelangen. Immer wieder kommt es aktuell zu Rangeleien zwischen Polizei und Besetzern in Lützerath, die Polizei hat bei einer Großdemo, zu der mehr als 10.000 Menschen gekommen waren, Wasserwerfer und Schlagstöcke eingesetzt. (pen)