Hausarzt geht mit Lauterbach hart ins Gericht – und stellt klare Forderung

Karl Lauterbach drängt im Hinblick auf die vierte Impfung auf eine Stiko-Empfehlung für Jüngere. Ein Arzt aus Neuss hat dazu eine klare Haltung.
Köln – Vor der befürchteten Corona-Herbstwelle fragen sich derzeit viele Menschen, wann eine vierte Impfung für sie sinnvoll wäre. Bislang hat die Ständige Impfkommission (Stiko) nur für Menschen über 70 Jahren und für Risikogruppen eine Empfehlung herausgegeben. Menschen im jüngeren Alter bleiben noch ratlos zurück – das will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ändern.
Er fordert von der Stiko eine „klarer Empfehlung für alle Altersgruppen“, ob und in welchen Fällen eine vierte Impfung (zweiter Booster) sinnvoll ist. „Wir müssen auch eine Antwort für den 40-Jährigen haben“, so der Gesundheitsminister. Der Neusser Hausarzt Dr. Guido Pukies, Facharzt für Innere Medizin aus Neuss, hat dazu eine klare Meinung. Im Interview mit WDR 5 stellt er mehrere Forderungen an den Gesundheitsminister.
Corona: Lauterbach von „Talkshow-Modus in Arbeitsmodus wechseln“
Viele Patienten möchten eine vierte Impfung haben, sagt Hausarzt Dr. Guido Pukies auf Nachfrage der WDR-Moderatorin. Es herrsche aber auch Verunsicherung hinsichtlich einer vierten Impfung, die es gelte, mit den Patienten individuell in der Praxis zu klären. Lauterbachs Drängen auf eine Änderung der Stiko-Empfehlung findet er jedoch „sehr unglücklich“, so der Mediziner.
„Ich würde mir wünschen, wie viele meiner Kolleginnen und Kollegen, dass der Minister aus diesem Talkshow-Modus in den Arbeitsmodus wechseln würde“, sagt Pukies. Sein Hauptanliegen: Bevor der Minister solche Forderungen an die Stiko stellt, sollte er seine „Hausaufgaben im Ministerium machen“ und schauen, wie viel Impfstoff im Herbst überhaupt verfügbar ist, in welcher Menge, wann und von welcher Firma, fordert der Neusser Mediziner unter anderem.
Corona: Wer bekommt Booster-Impfung?
„Das ist nämlich völlig offen und das macht auch die Beratung der Patienten für einen Booster mit einem eventuell angepassten Impfstoff sehr schwer“, sagt Pukies. Diese Information sei dem Arzt zufolge ein wichtiger Grundsatz für die Entscheidungen und die Beratung seiner Patienten.
Lauterbach hatte zuletzt angegeben, dass frühestens am 9. September 2022 vier angepasste Impfstoffe erwartet werden. Erste Vakazine, die an die Omikron-Varianten BA.4 und BA.5 angepasst sind, sind derzeit in der Entwicklung. Das Pharmaunternehmen Biontech teilte mit, dass in diesem Monat eine entsprechende klinische Studie starten werde. Sollten die zuständigen Behörden dies genehmigten, könnten erste Dosen ab Oktober ausgeliefert werden, sagte Vorstandschef und Mitbegründer Ugur Sahin am Montag, 8. August, in Mainz. Zuvor hatte das Unternehmen bereits einen an die Variante BA.1 angepassten Impfstoff entwickelt.
Außerdem wird ein angepasster Impfstoff des US-Herstellers Moderna von der EMA geprüft, der, wie das Vakazin von Biontech/Pfizer, auf der mRNA-Technologie basiert. Noch ist in der EU jedoch kein Impfstoff zugelassen, der auch auf Varianten des Coronavirus angepasst ist.
Coronavirus: Hausarzt aus Neuss kritisiert Politik – „Medizinische Fachangestellte müssen Bonus bekommen“
Zuletzt äußerte der Arzt aus Neuss eine weitere Forderung, die ihm und seinen Kolleginnen und Kollegen sehr am Herzen liegt. „Medizinische Fachangestellte müssten auch von der Regierung endlich mal einen Bonus bekommen“. Seit Pandemiebeginn seien die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „unter Dauerfeuer“, an der Rezeption würden sie schon viele Fragen beantworten und lösen und damit viel Arbeit abnehmen. Seine Meinung: „Sie werden vom Ministerium entweder vergessen oder ignoriert und das finde ich ganz unerträglich“, sagt der Mediziner im WDR-Beitrag. (nb mit dpa) Fair und unabhängig informiert, was in NRW passiert – hier unseren kostenlosen 24RHEIN-Newsletter abonnieren.