Nordrhein-Westfalen
Massive Angriffe auf Deutsche Bahn: Geht es um Geld?
- VonMaximilian Gangschließen
In den letzten Monaten häufen sich Manipulationen an der Infrastruktur der Deutschen Bahn. Doch wer steckt dahinter? Ein Experte äußert einen Verdacht.
Köln – Durchgeschnittene Kabel, unterbrochene Bahnmobilfunknetze, manipulierte Notausschalter: Immer wieder gibt es in den vergangenen Monaten besorgniserregende Angriffe auf die Deutsche Bahn und damit auf die kritische Infrastruktur Deutschlands. Zuletzt rückten am Sonntag, 29. Januar, gleich mehrere Stellwerke der Bahn in den Fokus, in verschiedenen Städten in NRW hatte es innerhalb weniger Stunden Sabotageattacken gegeben. Wer steckt dahinter? Und was wollen die Täter bezwecken?
Sabotage bei der Deutschen Bahn: Was ist passiert?
- Am 29. Januar gab es gleich mehrere Angriffe auf die Deutsche Bahn
- Vier Stellwerke wurden manipuliert: In Leverkusen, in Schwelm und zweimal in Essen
- In Leverkusen: Unbekannte betätigen gegen 8:45 Uhr mehrere Notausschalter, die Stromversorgung für Teile des Schienennetzes wird unterbrochen. Einzelne Züge stoppten automatisch. Die Folge: Erhebliche Einschränkungen im Bahnverkehr
Angriffe auf Deutsche Bahn in NRW: Experte äußert Verdacht
Holger Berens, der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands für den Schutz kritischer Infrastruktur (BSKI), ist sich sicher: Bei den Attacken handelt es sich um eine konzertierte Aktion: „Es sind vier Stellwerke, die natürlich auch angefahren werden müssen“, so Berens gegenüber 24RHEIN. Er glaubt, dass die Angriffe im Vorfeld geplant wurden. Einer anderen viel diskutierten Option widerspricht der Sicherheitsexperte aber: „Ich würde Vandalismus ausschließen, weil ein strategischer Ansatz zu erkennen ist“.
Manipulation von Bahn-Stellwerken: Ermittlungen laufen in alle Richtungen
Auch die Behörden ermitteln aktuell in alle Richtungen. Beteiligt ist die Staatsanwaltschaft in Essen sowie der Staatsschutz der Polizei Köln, wie ein Polizeisprecher am Dienstagabend erklärt. Der Staatsschutz wird zum Beispiel dann aktiv, wenn terroristische Hintergründe möglich sind. Und ein solcher Hintergrund sei, laut Polizeiangaben, zum jetzigen Zeitpunkt nicht auszuschließen. Genauere Angaben konnte die Kölner Polizei auf Nachfrage nicht machen.
Wann ermittelt der Staatsschutz?
Der Staatsschutz der Polizei wird bei politisch motivierten Straftaten tätig. Dazu gehören beispielsweise Straftaten, die die Demokratie beeinflussen, politische Ziele erreichen oder verhindern sollen, die Umsetzung politischer Entscheidungen verhindert sollen oder sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung richten. Hinzu kommen Straftaten, die sich gegen politische Einstellungen, Hautfarbe, Religion, Herkunft, sexuelle Orientierung oder gegen den gesellschaftlichen Status richten. Politisch motivierte Straftaten können sich auch gegen eine Institution richten. Extremismus und Terrorismus sind dabei die schwerwiegendsten Delikte politisch motivierter Kriminalität.
Deutsche Bahn: Terroristen als Saboteure? Experte drückt auf Bremse
Doch dass es sich bei den Angriffen auf die Deutsche Bahn um Terrorismus handelt, hält Berens für unwahrscheinlich: „Terroristen sehe ich nicht, weil die Auswirkungen der Sabotage zu gering sind. Terroristen wollen viel, viel mehr Aufmerksamkeit“. Ebenso hält er einen Zusammenhang mit dem Russland-Ukraine-Konflikt aus ähnlichen Gründen für unplausibel: Die Folgen und die mediale Aufmerksamkeit seien dafür zu gering. Vorsichtig äußert der Verbandschef einen Verdacht.
Nach Stellwerkmanipulation: Geht es bei den Angriffen auf die Deutsche Bahn um Geld?
„Ich bin fast der Ansicht, dass es sich unter Umständen um einen kriminellen Angriff handelt. Dass es sich, meiner Ansicht nach, vielleicht um Geldforderungen handelt“, so Berens. Allerdings fehle ihm als Indiz ein Bekennerschreiben. Aus diesem Grund seien auch andere, medial viel diskutierte Möglichkeiten bisher reine Spekulation.
Was fordert der BSKI?
Der Bundesverband für den Schutz kritischer Infrastruktur fordert bessere Sicherheitsvorkehrungen. Dass in teilweise sehr alte Stellwerkhäuser einfach eingedrungen werden könne, dürfe nicht länger hingenommen werden, so Holger Berens, der Vorstandsvorsitzende des Verbands, am Dienstag gegenüber WDR 5. Die Stellwerke seien oft kaum gesichert, die Fenster eingeschlagen. Ähnliche Forderungen bezüglich der Sicherheit der Deutschen Bahn hatte auch Grünen-Chef Omid Nouripour geäußert.
Mitarbeiter der kritischen Infrastruktur sollen besser über Verhaltensweisen bei Nachfragen zu technischen Aspekten sensibilisiert werden. Manche würden ohne böse Absicht und unwissentlich empfindliche Informationen über soziale Medien nach außen tragen. Das könnte ein Einfallstor für Kriminelle werden.
Auffällig: In den vergangenen Monaten war es bereits mehrfach zu Manipulationen an den Anlagen der Deutschen Bahn gekommen. Im Oktober vergangenen Jahres wurden in Herne und Berlin Glasfaserkabel durchtrennt. Darüber kommunizieren unter anderem Lokführer miteinander. Der Bahnverkehr in Norddeutschland stand stundenlang still. In Essen-Dellwig durchtrennten Unbekannte nur zwei Monate später erneut Kabel. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sprach von Sabotage. Ein Zusammenhang zwischen den Taten müsse deshalb geprüft werden, so die Einschätzung von Berens. (mg)