Synagoge in Hagen: Jugendlicher festgenommen – Hinweis auf „islamistisch motivierte“ Bedrohung

Nach dem Polizeieinsatz an der Synagoge in Hagen soll ein Jugendlicher festgenommen worden sein. Es gibt Entwarnung, aber es soll ein Anschlag geplant gewesen sein.
Hagen/Berlin – Am höchsten jüdischen Feiertag haben Hinweise auf eine mögliche Bedrohung für die Synagoge in Hagen zu einem großen Einsatz der Polizei geführt. Nach stundenlangem Warten am 15. September gaben die Behörden schließlich Entwarnung. Die Polizei war dennoch weiterhin präsent: Ein dpa-Fotograf berichtete am Donnerstagmorgen (16. September) von mehreren Streifenwagen in der Nähe der Synagoge und von Beamten, die mit Maschinenpistolen bewaffnet waren. Insgesamt wurden bereits vier Menschen festgenommen.
Jom Kippur: Anschlag in Halle 2019
Jom Kippur ist für das jüdische Leben in Deutschland ein denkwürdiger Tag. Vor zwei Jahren – damals fiel der Versöhnungstag auf den 9. Oktober - hatte ein bewaffneter Rechtsextremist versucht, gewaltsam in die Synagoge von Halle in Sachsen-Anhalt einzudringen. Als die Tür standhielt, erschoss er in der Nähe zwei Menschen und verletzte auf der Flucht zwei weitere.
Hagen: Großeinsatz an Synagoge – was ist passiert?
Die jüdische Gemeinde konnte ausgerechnet an Jom Kippur nicht zu einem traditionellen Gebet zusammenkommen. Um 19 Uhr hätte sich die Gemeinde eigentlich zum Gebet in der Synagoge versammelt. Die Polizei in Hagen ging auf eine mögliche Gefährdungslage an einer jüdischen Einrichtung nach.
- Zahlreiche Kräfte mit Maschinenpistolen wurden zusammengezogen, um das Gebäude der jüdischen Gemeinde vor einer möglichen Gefahr zu schützen. Die Polizei Dortmund teilte zunächst lediglich mit, dass es für die Synagoge in der Stadt im südöstlichen Ruhrgebiet eine „mögliche Gefährdungslage“ gebe. „Polizeiliche Schutzmaßnahmen wurden entsprechend angepasst.“
- Doch die mögliche Gefahr wurde bereits am späten Nachmittag bekannt. Der Gottesdienst wurde kurzfristig abgesagt, der Bereich um die Synagoge in der Innenstadt war weiträumig abgesperrt. Die meisten Mitglieder der Gemeinde hätten noch telefonisch über die Absage des Gottesdienstes informiert werden können und seien gar nicht zur Synagoge gekommen, sagte der Polizeisprecher. Einige seien an den Absperrungen von der Polizei informiert und wieder nach Hause geschickt worden.
- Schließlich trafen Spürhunde ein und durchsuchten das Gebäude. Draußen wurde mehr und mehr klar, dass sich die Situation wohl entspannt. Heimkehrende Anwohner durften durch die Polizeisperre und wurden von Polizisten bis zu ihren Wohnungen begleitet.
- In Hagen machte sich am frühen Donnerstagmorgen Erleichterung breit. „Die polizeilichen Maßnahmen vor Ort sind abgeschlossen. Es konnten vor Ort keine Hinweise auf eine Gefährdung festgestellt werden“, teilte die Polizei weit nach Mitternacht mit. Es lägen auch keine Hinweise vor, dass andere jüdische Gemeinden in Nordrhein-Westfalen gefährdet sein könnten. Zu den Hintergründen, die zu der großen Sorge um die jüdische Gemeinde in Hagen führten, äußerten sich die Ermittler zunächst nicht.
- Nach dem Polizeieinsatz an der Synagoge in Hagen hat die Polizei vier Verdächtige festgenommen, darunter einen 16-Jährigen. Das teilte die Hagener Polizei am Donnerstag mit. Parallel liefen Durchsuchungen, um mögliche Beweismittel zu sichern, sagte ein Sprecherin. Nach Worten des nordrhein-westfälischen Innenministers Herbert Reul (CDU) gab es eine ernste extremistische Bedrohung. „Es bestand die Gefahr eines Anschlags auf die Synagoge in Hagen“, sagte Reul bei der Vereidigungsfeier junger Polizistinnen und Polizisten in Köln.
- Der Spiegel berichtete zuvor, ein 16-jähriger Syrer solle eine Sprengstoffattacke vorbereitet haben und die Polizei hätte am Donnerstagvormittag die Wohnung des Jugendlichen durchsucht. Noch ist allerdings unklar, ob die neben dem 16-jährigen Verdächtigen festgenommenen Personen an der Tat beteiligt waren.
- Im Ermittlungsfall zu mutmaßlichen Planungen für einen Anschlag auf die Synagoge in Hagen hat es ernste Hinweise auf „eine islamistisch motivierte Bedrohungslage“ gegeben. Das sagte Herbert Reul am Donnerstag in Köln.
Synagoge in Hagen: Nach Durchsuchungen – keine Bombenbau-Utensilien gefunden
Bei den Durchsuchungen haben die Ermittler bislang keine Bombenbauteile entdeckt. Es seien aber elektronische Medien wie Handys und Speichermedien sichergestellt worden, die nun ausgewertet werden müssten, sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf.
Die Behörde ermittelt wegen des Vorwurfs der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Unklar sei noch, ob gegen den verdächtigen 16-Jährigen ein Haftbefehl beantragt wird. Seine Vernehmung dauere noch an.
Bei den weiteren drei Festgenommenen handele es sich um Vater und Brüder des 16-Jährigen. Sie seien nicht als Verdächtige festgenommen worden, sondern nach Polizeirecht, sagte der Sprecher. Auch sie sollten noch vernommen werden. Ein dringender Tatverdacht gegen die drei Menschen habe sich laut der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf und der Polizei Dortmund nicht ergeben. Sie wurden am Donnerstag wieder entlassen, so eine gemeinsame Erklärung am Abend.
Die Ermittlungen sowie die polizeilichen Maßnahmen bezüglich des 16-jährigen Jugendlichen dauern noch an. Aus Sicherheitskreisen hieß es, der 16-Jährige habe Kontakt zu einem bekannten Islamisten im Ausland unterhalten und sich mit der Frage beschäftigt, wie man eine Bombe baut.
Hagen: Großeinsatz an Synagoge – auch Generalbundesanwalt eingeschaltet
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht hat im Zusammenhang mit den Ermittlungen von einer „sehr ernsten Bedrohungslage“ gesprochen. Der Vorfall wecke entsetzliche Erinnerungen an den Anschlag auf die Synagoge in Halle vor zwei Jahren, sagte die SPD-Politikerin am Donnerstag laut einer Mitteilung ihres Ministeriums. „Es ist unerträglich, dass Jüdinnen und Juden erneut einer so schrecklichen Bedrohungslage ausgesetzt sind und den Beginn ihres höchsten Festes Jom Kippur nicht friedlich gemeinsam feiern konnten.“
Synagoge in Hagen: Laschet zur Bedrohung
Wer terroristische Anschläge in Deutschland plant, muss nach Worten des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) des Landes verwiesen werden. „Wer sich hier integriert, soll sich integrieren, soll Deutsch lernen und soll auch einen Job ausüben und der darf auch bleiben. Aber der, der terroristische Taten plant, muss des Landes verbracht werden“, sagte der Kanzlerkandidat der Union am Donnerstag bei einem Wahlkampftermin im niedersächsischen Hittfeld. „Das muss klipp und klar sein. Und dafür steht die Union.“ Vorläufig festgenommen wurde dort in dem Zusammenhang unter anderem ein 16-Jähriger mit syrischer Staatsangehörigkeit. (dpa) Mehr News auf der 24RHEIN-Homepage. Tipp: Täglich informiert, was in NRW passiert – einfach unseren kostenlosen 24RHEIN-Newsletter abonnieren.
Update-Hinweis: Dieser Artikel wurde zuletzt am 16. September um 21:25 Uhr aktualisiert. Neuerung: Statement von NRW-Minister Armin Laschet.