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Der neue Mazda CX-60: Echte Herausforderung für BMW und Mercedes

Erstellt:

Von: Rudolf Bögel

Der CX-60 ist das neue Flaggschiff von Mazda und tritt in der Premium-Liga an. Das SUV ist billiger als ein BMW X3. Kann er trotzdem mithalten?

Platz da, jetzt kommt der neue Mazda! Aber hat der CX-60 auch das Zeug zum Platzhirschen? Gerade im Gehege der gehobenen Mittelklasse-SUVs wimmelt es nur so von stolzen Zwölfendern. BMW etwa mit dem X3, Mercedes mit dem gerade runderneuerten GLC oder der Volvo XC 60 aus dem Land der Elche. Sie alle buhlen um Kundschaft im stärksten Kraftfahrzeug-Segment. Mit dem CX-60 will Mazda jetzt in die Spitze vorstoßen. Es gibt vier gute Gründe, warum das Vorhaben gelingen könnte. Aber auch vier Stolpersteine liegen auf dem Weg dahin, wie der ausführliche Alltagstest zeigt.

Mazda CX-60 weiß Front Fahrt
Lange Motorhaube, nach hinten gesetzte Fahrerkabine. So baut man schöne Sportwagen, Mazda macht einen SUV. © Mazda

Kodo: Mit dem Design die Herzen berühren

Die SUVensive von Mazda fängt ja schon gut an. Beim Design! Denn schon auf den ersten Blick sieht man: Der CX-60 ragt aus dem Allerwelt-Einerlei der Pseudo-Geländewagen hervor wie ein Leuchtturm. Lange Motorhaube, weit nach hinten gezogene Fahrgastkabine, kurzer Überhang hinten. So baut man schöne Sportwagen. Dabei ist der CX-60 ein ganz schöner Lackel. 4,75 Meter lang und fast 1,70 hoch. Wirkt aber nicht so, weil die Designer tief in die Trickkiste gegriffen haben. Die Türen sind zum Beispiel leicht nach innen gewölbt, das sieht nach schlanker Taille aus und nicht nach Wuchtbrumme. Kodo nennen die tief in der fernöstlichen Tradition verankerten Japaner ihr Design. Kodo heißt „Herzschlag“: Mazda will mit dem Design die Herzen der Kunden berühren. Nicht mehr und nicht weniger.

Mazda CX-60 Interieur Holz Leder
Takumi heißt die höchste Ausstattungsvariante beim Mazda CX-60. Takumi steht für hohe Handwerkskunst, in diesem Fall Ahornholz, Leder, gewebte Stoffe. © Mazda

Und noch ein Ausflug in die Nippon-Folklore: Takumi nennt sich die höchste Ausstattungslinie, die man beim CX-60 erwerben kann. Takumi ist das Äquivalent zum deutschen Handwerksmeister. An feinstes japanisches Handwerk erinnern die eingesetzten Materialien. Die hellen Ahornholz-Applikationen zum Beispiel sollen „die japanische Ästhetik des Hacho widerspiegeln, die nach asymmetrischem Gleichgewicht oder absichtlichen Unregelmäßigkeiten strebt“, so die Pressemitteilung. Die gewebten Stoffe verändern ihr Muster, je nach Lichteinfall – und die Nähtechnik Kakenui findet auf dem Armaturenbrett Verwendung. Das Garn lässt jederzeit den Blick auf das Material darunter zu.

Magischer Blick durch die Motorhaube

Sein schickes und gleichzeitig ungewöhnliches Aussehen ist schon mal das erste Argument, warum der CX-60 gegen BMW X3 oder Mercedes GLC antreten kann. Auf Augenhöhe, und das ist der zweite große Pluspunkt, rangieren die Japaner bei der Technik. Der magische Blick durch die Motorhaube (möglich gemacht durch eine 360-Grad-Kamera und der entsprechenden Software), ist genauso mit an Bord wie eine innovative Gesichtserkennung.

Mazda CX-60 Detail Digital-Tacho
Kein großer Firlefanz, der Digitaltacho des CX-60 ist an die Analoginstrumente angelehnt und sehr übersichtlich. © Mazda

Sie merkt sich bis zu sechs Fahrer und stellt automatisch dessen bevorzugte Einstellungen her: vom Klima, über Audio bis hin zu den Spiegeln. Darüber hinaus optimiert das sogenannte „Driver Personalization System“ anhand der Augenhöhe und der eingegebenen Körpergröße automatisch die Sitzposition. Wie von Geisterhand fahren Sessel, Spiegel, Lenkrad und Head-up-Display an die richtige Stelle.

Digitale Entschleunigung a la Mazda

Weil wir gerade bei der Bedienung sind – das ist das dritte Argument für das Mazda-Flaggschiff. Hier ist weniger mehr: Das Head-up-Display glänzt durch Klarheit und ist nicht überfrachtet mit Informationen. Die digitalen Rundinstrumente orientieren sich an den klassischen analogen Vorbildern – und auch das Infotainment-Display glänzt durch schlichte Übersichtlichkeit.

Kein Touch-Screen, hier wird mit Drehrad und Druckknopf in der Mittelkonsole gearbeitet. BMW hat das einst eingeführt, sich leider wieder davon verabschiedet, während Mazda beim Bewährten bleibt. Großer Vorteil: Es gibt keine hässlichen, fettigen Fingerabdrücke auf dem Bildschirm. Und noch eine gute Idee. Wer zweimal auf den Homebutton drückt, wird mit einem dunklen Display mit Digital-Uhr belohnt. Digitale Entschleunigung à la Mazda.

Aller guten Dinge sind vier

Alle guten Dinge sind beim Mazda CX-60 nicht drei, sondern deren vier. Zu den bereits geschilderten Stärken gesellt sich noch der Komfort. Fahrer und Beifahrer haben nicht nur ausreichend Platz zum Sitzen, sondern schweben richtig im Raum, der durch sein aufgeräumtes Design besonders licht wirkt. Auch hinten sitzt man sehr ordentlich, der Kofferraum bietet Platz für 570 bis über 1.700 Liter. Befüllt wird der angenehm bequem über einen ebenen Ladeboden, was leider immer noch nicht bei jedem Hersteller zum Standard zählt.

Mazda CX-60 Heck
Macht auch am Heck eine gute Figur. Hinter der Heckklappe des neuen CX-60 verbirgt sich ein Kofferraumvolumen bis zu 1726 Litern. © Mazda

Die Entdeckung der Stille ist als Komfortmerkmal in einer immer hektischer werdenden Zeit echter Luxus. Mazda leistet ihn sich, wenn der CX-60 als Plug-in-Hybrid (PHEV) immerhin bis zu Tempo 140 flüsterleise unterwegs ist. Aber wehe, man fährt ganz langsam. Dazu jedoch gleich mehr. Das Fahrwerk ist fein austariert, genau die richtige Mischung. Hart genug, um die Straße zu spüren, ausreichend weich für die Langstrecke.

Elektrisch schafft der PHEV 63 Kilometer

Angeboten wird der Maxda CX-60 mit drei Motorisierungen. Sofort steht das SUV als PHEV zur Verfügung. Im nächsten Frühjahr wird ein 3,3 Liter großer Sechszylinder-Diesel nachgereicht mit zwei Leistungsstufen von 200 und 245 PS, später kommt auch noch ein Dreiliter-Benziner ins Spiel. Der Plug-in-Hybrid ist bei Mazda der erste seiner Art.

Mazda CX-60 Grafik PHEV Querschnitt
Benziner und E-Motor - der Plug-in-Hybrid schafft bis zu 63 Kilometer rein elektrisch, dann muss der Vierzylinder-Benziner mit einsteigen. © Mazda

Er kombiniert einen 2,5 Liter großen Vierzylinder-Benziner mit 191 PS mit einem 100 kW starken E-Motor und einer Batterie von 17,8 kWh. Das reicht für rein elektrisches Fahren bis zu 63 Kilometern. Aufgeladen wird er in knapp 2,5 Stunden. Rein theoretisch braucht er dann nur 1,5 Liter auf 100 Kilometer. Wir konnten nicht immer aufladen und landeten deshalb bei knapp acht Litern zuzüglich Stroms.

Schwäche Nummer eins: die Lenkung

Nun aber zu den Schwächen des Autos. Folgende vier Stolpersteine auf dem Weg an die Spitze haben wir entdeckt. Da ist zuallererst die Lenkung. Sie ist schwammig und indifferent. Beim leichten Nachjustieren wendet man oft zu viel Kraft auf. Das Ergebnis ist ein leichter Schlenker, im Zweifelsfall gefolgt von einem weiteren Schlenker. Das kann einem dann schon mal als Schlangenlinienfahren ausgelegt werden. Was aber nur dann Folgen hat, wenn sich auf dem nachfolgenden Auto ein blaues Licht befindet. Im Lauf der Zeit haben wir uns dann schon gewöhnt an die Lenkung, Freunde sind wir aber nicht geworden.

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Nicht gewöhnt haben wir uns an den Spurhalteassistenten, der oft zu früh und zu heftig eingreift. Das ist der zweite dicke Minuspunkt für den CX-60. Vor allem, weil man den Assistenten mühselig über ein Untermenü im Display ausschalten muss – und das jedes Mal, wenn die Zündung aus war.

Was wimmert denn da bei geringem Tempo?

Meckern müssen wir auch über Elektromotor und Getriebe. Ersterer fällt unangenehm durch seinen wimmernden Sound auf, wenn man das Auto bei geringen Geschwindigkeiten bewegt. Das passt weder zu Kodo noch zu Takumi. Nicht fürs Herz, sondern nur was auf die Ohren, und handwerklich ist das auch nicht wirklich gut. Das Getriebe benimmt sich ebenfalls ein wenig ruppig. Vor allem beim Übergang von Normal auf Sport und andersherum ruckelt es unangenehm. Damit sind wir bei Stolperstein vier. So nett manche Details sind, die den Mazda so liebenswert machen (zum Beispiel die 220-Volt-Steckdose im Kofferraum), so sehr wundert man sich über diese Manko: Die Rede ist von der Spracherkennung. Wenn sie etwas versteht, dann nur Standardsätze. Wir scheitern bereits mit so einfachen Befehlen wie einen bestimmten Radiosender einzustellen. Von der Frage nach einem guten Restaurant in der Umgebung ganz zu schweigen. Hier muss und kann Mazda mit einer entsprechend neuen Software sicher nachbessern.

Mazda CX-60 Detail Steckdose Kofferraum
Wer will, kann im Kofferraum des Mazda CX-50 Tee kochen oder einen Radio anschließen, es gibt hier nämlich eine 220-Volt-Steckdose. © Mazda

Was auch auf den Stauassistenten zutrifft, der sich ungefragt und leider auch manchmal unqualifiziert zu Wort meldet. Manche vorhergesagten Stauzonen jedenfalls waren nicht existent – und dass der digtiale Assistent wie eine tibetanische Gebetsmühle immer wieder „Stau voraus“ ansagt, wo wir doch schon seit 15 Minuten in dem selbigen herumstehen und -schleichen ist auch eher nicht dienlich, sondern fast schon ärgerlich. Ceterum censeo sagt der Lateiner und fasst am Ende von zwei ausführlichen Testwochen mit dem Mazda CX-60 zusammen: Er ist rund 10.000 Euro günstiger als ein BWM xDrive 30 e, auf knapp 20.000 summiert sich der Abstand zum vergleichbaren Mercedes GLC 300e 4matic. Wir finden: Da kann man über die ein oder andere Petitesse gerne hinwegsehen. Es rentiert sich auf jeden Fall. Rudolf Bögel

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