Flugverbote wegen „Air Defender 2023“ – jetzt spricht die Luftwaffe Klartext
Das riesige Kampfjet-Manöver Air Defender 2023 startet im Juni. Das hat Auswirkungen auf den Flugverkehr. Ein Inspekteur der Luftwaffe äußert sich nun zu möglichen Einschränkungen.
Update vom 5. Juni, 13:20 Uhr: Eine Woche vor Start der Air Defender-Übung hat sich das Land NRW mit möglichen Auswirkungen der Nato-Großübung für den Flugverkehr befasst. Am Flughafen Düsseldorf soll demnach das Nachtflugverbot während Air Defender vom 12. bis 23. Juni aufgelockert werden. Das berichtet die Deutsche Presse-Agentur dpa unter Berufung auf Berichte der Rheinischen Post. Durch die Auflockerung sollen Passagierjets auch nach Mitternacht noch an NRWs größtem Flughafen landen können. Die Bezirksregierung Düsseldorf soll dazu eine entsprechende Anweisung vonseiten des NRW-Verkehrsministeriums erhalten. Wenige Tage zuvor wurde auch das Nachtflugverbot am Flughafen Frankfurt für die Dauer der Air Defender-Übung gelockert.
Fluglotsen befürchten mindestens 50.000 Minuten Verspätung durch Air Defender-Übung
Update vom 1. Juni, 14:32 Uhr: Wie stark werden die Einschränkungen im zivilen Flugverkehr durch das Kampfjet-Manöver Air Defender sein? Ingo Gerhartz, Inspekteur bei der Luftwaffe, sprach zuletzt von wenigen Minuten. Die Gewerkschaft der Fluglotsen befürchten hingegen insgesamt mindestens 50.000 Minuten Verspätung pro Tag. Doch wer hat recht?
Auf Nachfrage von 24RHEIN sagte Matthias Boehnke, Sprecher der Luftwaffe: „Die Aussage von Generalleutnant Ingo Gerhartz ist korrekt und wurde bei einem Pressetermin des Verkehrsministeriums letzten Freitag [...] noch einmal bestätigt“. Dafür müssten jedoch alle Beteiligten auch alle Möglichkeiten ausnutzen, wie beispielsweise längere Öffnungszeiten der Flugplätze. „Dies liegt jedoch in den Händen der Bundesländer und natürlich der Flugplatzbetreiber“, so Boehnke.
Klar ist: Die Kampfjets werden bei Air Defender jeweils zu einem bestimmten Zeitraum unterwegs sein, dafür gibt es einen festgelegten Plan.
Flugverbote wegen „Air Defender 2023“ – jetzt spricht die Luftwaffe Klartext
Erstmeldung: Köln – 220 Flugzeuge, 25 teilnehmende Nationen, 23 verschiedene Flugzeugtypen: Mit dem Kampfjet-Manöver Air Defender 2023 findet vom 12. bis zum 23. Juni dieses Jahres die größte Verlegeübung seit Bestehen der Nato im deutschen Luftraum statt. Die Bundeswehr übernimmt die federführende Rolle bei dem Manöver Air Defender, das für den Verteidigungsfall mehrerer Nato-Länder probt. Bereits vor Beginn der Nato-Übung sollen die Kampfjets nach Deutschland gebracht werden, die ersten Flugzeuge, die an der Nato-Übung der Luftwaffe teilnehmen, sind bereits gelandet.
Air Defender 2023 wird auch Auswirkungen auf den zivilen Luftverkehr haben – und das Manöver fällt in die klassische Reisezeit. Generalleutant Ingo Gerhartz, Inspekteur der Luftwaffe, sorgte nun für Klarheit. Laut Gerhartz wird es zu keinerlei Flugausfällen im zivilen Bereich kommen. Bereits vor Wochen hatte Gerhartz darauf verwiesen, dass die Übung vor den Sommerferien in Deutschland stattfinde. Lediglich in Nordrhein-Westfalen beginnen die Ferien bereits am 22. Juni, in allen anderen Bundesländern später.
Air Defender 2023: Flugverbote während Manöver
Tatsächlich kann es jedoch zu Einschränkungen während des Manövers kommen. Einzelne zivile Maschinen müssten laut Gerhartz im Zeitraum vom 12. bis 23. Juni einen Umweg machen, dies bedeute jedoch allenfalls Flugverspätungen im Bereich von wenigen Minuten. Aber es seien nicht alle Übungsgebiete zeitgleich betroffen, gab Gerhartz zu bedenken: „Wir haben drei große Lufträume, in denen wir üben werden. Die werden wir nicht alle zeitgleich aktivieren, sondern immer durchrotieren, sodass wir die Spitzen, in den wir fliegen, auch dementsprechend verteilen können.“ Dann gilt dort allerdings striktes Flugverbot: Auch Drohnen darf man in den Übungslufträumen von Air Defender 2023 nicht steigen lassen, wenn diese aktiviert sind. Der Flughafen Düsseldorf prüft aktuell, ob und welche Einschränkungen durch die Nato-Übung es geben kann.
Auf ihrer Homepage gibt die Bundeswehr an, dass für das Wochenende in der Manöverzeit keine Flüge geplant sind. Nach aktuellen Planungen der Luftwaffe sei der Übungsraum Ost zwischen 10 und 14 Uhr, der Übungsraum Süd zwischen 13 und 17 Uhr und der nördliche Übungsraum zwischen 16 und 20 Uhr für die militärische Nutzung zeitweise reserviert.
Der 57-jährige Inspekteur der Luftwaffe hob außerdem die enge Kooperation mit Flughäfen und Fluggesellschaften hervor. „Der zivile Luftverkehr ist bei uns natürlich schon eingebunden, seit vielen Wochen. Wir haben schon mehrere Simulationsstudien bei der Deutschen Flugsicherung in Langen absolviert und werden dies Ende April weiter tun, mit Anzahl der Übungsteilnehmer, mit genauen Flugfenstern“, so Gerhartz. „Wenn wir genau wissen, wann wir wo fliegen, nimmt das natürlich immer mehr Form an. Da wir in erster Linie Nord- und Ostsee nutzen werden und dies auch nur für wenige Stunden, denke ich, wird sich die Einschränkung in Grenzen halten.“ Zu ganz anderer Einschätzung kam jedoch die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF): Fluglotsen rechnen mit massiven Ausfällen durch das Manöver und halten es für „unerklärlich“, wie der Inspekteur der Luftwaffe zu dieser Einschätzung komme.

Fluglärm durch Air Defender 2023 „von bewohntem Gebiet wegnehmen“
Eine andere Sorge ist die erwartete Zunahme von Fluglärm durch Air Defender 2023. Auch dazu äußerte sich Gerhartz in dem Interview: „Wir fliegen überwiegend über der See, über Nord- und Ostsee, um den Fluglärm von bewohntem Gebiet wegzunehmen. Wir werden die Lufträume auch nur gewisse Zeit öffnen.“ Dadurch würden Anwohner möglichst wenig durch die verschiedenen Flugzeugtypen, die an dem Kampfjet-Manöver teilnehmen, gestört, auch wenn sich Lärmbelästigungen natürlich nicht vermeiden lassen. Welche Flugzeugtypen genau an Air Defender 2023 teilnehmen werden, wird erst nach der finalen Abstimmungsrunde der Teilnehmer im April feststehen. Es ist bereits bekannt, welche Fluggeräte in welcher Anzahl die Bundeswehr für das Manöver stellt, insgesamt 62 Stück:
- 30 Eurofighter
- 16 Tornados
- 5 A400M
- 3 A330 AAR zur Betankung
- 2 LJ35
- 2 A-4
- 4 leichte Unterstützungshubschrauber (LUH) 145
Die Tornado-Jagdbomber werden im Rahmen des Manövers auf ihre Nachfolger treffen: Die Bundeswehr orderte 35 Maschinen vom Typ F-35, um die Tornados, die so langsam das Ende ihrer Lebensdauer erreichen, in ihrem Bestand zu ersetzen. Damit wird die Anzahl der Flugzeugtypen in Bundeswehr-Beständen um ein weiteres Modell erweitert. Zentral für die Übung sind natürlich die Kampfjets der deutschen Streitkräfte.
Air Defender 2023: „Sehr defensiver Charakter“
In Gesprächen mit Bürgern gehe es laut Gerhartz aber nicht nur um die Einschränkungen des Reiseverkehrs und möglichen Fluglärm, sondern auch um das Ziel des Manövers. „In den Bürgergesprächen, in denen ich war, wurde das sehr positiv aufgenommen, dass die Bevölkerung ganz klar sieht: Ja, das müssen wir machen, um uns auch selbst zu verteidigen. Wichtig ist den Bürgern, genauso wie uns Militärs, dass dies immer einen sehr defensiven Charakter hat“, erläuterte der Generalleutnant.

Diese Länder nehmen an Air Defender 2023 teil:
- Belgien
- Bulgarien
- Dänemark
- Deutschland
- Estland
- Finnland
- Frankreich
- Griechenland
- Italien
- Japan
- Kroatien
- Lettland
- Litauen
- Luxemburg
- Norwegen
- Polen
- Rumänien
- Schweden
- Slowenien
- Spanien
- Tschechische Republik
- Türkei
- Ungarn
- USA
- Vereinigtes Königreich
Vorbereitungen für Kampfjet-Manöver Air Defender 2023 laufen auf Hochtouren
In seiner Funktion als Inspekteur der Luftwaffe reiste Gerhartz auch nach Washington, um auf einer Pressekonferenz in der deutschen Botschaft am 4. April vor deutschen und amerikanischen Journalisten über Air Defender 2023 zu sprechen. Gemeinsam mit Lieutenant General Michael Loh, dem Director der US-amerikanischen Air National Guard, betonte er die transatlantische Wichtigkeit des Bündnisses. Trotz des großen Anteils an US-Kampfjets sei es wichtig, dass Deutschland mit der Führungsrolle bei der Übung seine Initiative zeige.
Passend zu der Übung präsentiert die Luftwaffe Anfang April einen speziellen Airbus A400M mit „Air Defender 2023“-Bemalung. Die Vorbereitungen für das gigantische Kampfjet-Manöver laufen also auf Hochtouren, sowohl die militärische Planung als auch die Abstimmung mit dem zivilen Luftverkehr. Ab Montag, den 22. Mai, werden auch zwölf Tornados von Nörvenich nach Spangdahlem verlegt, die bis zum Beginn von Air Defender 2023 dort verbleiben. Ob die Einschränkungen des Reiseverkehrs so begrenzt ausfallen, wie es der Inspekteur der Luftwaffe erwartet, werden die Bundesbürger dann im Juni sehen. (nbo) Fair und unabhängig informiert, was in Deutschland und NRW passiert – hier unseren kostenlosen 24RHEIN-Newsletter abonnieren.