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Nach Wahl-Chaos: Müssen Berliner erneut an die Urne?

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Von: Joseph Scheppach

Ein Wähler wirft seinen Stimmzettel in eine Wahlurne.
Ein Wähler wirft seinen Stimmzettel in eine Wahlurne. Bei Abstimmungen in Berlin häuften sich die Fehler. © Hauke-Christian Dittrich/dpa/Archivbild

Nach der Berliner Pannen-Wahl werden Rufe nach einer Wiederholung der Abstimmung laut. Wann aber wird eine Wahl ungültig?

Berlin - Stundenlanges Warten vor dem Wahllokal, unzulässige Direktkandidaten und Stimmzettel für Minderjährige: Das heillose Durcheinander bei den Berliner Wahlen für Bundestag und Abgeordnetenhaus* sollen jetzt externe Experten aufarbeiten - und prüfen, ob die Wahlen für ungültig erklärt werden. Wann aber muss eine Wahl wiederholt werden?

Das entscheidende Kriterium dafür ist die sogenannte Mandatsrelevanz. „Die Wahl wird erst dann ungültig, wenn die Fehler für die Sitzverteilung im Parlament wirklich ausschlaggebend sein konnten“, erklärt Christian Pestalozza, emeritierter Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Freien Universität Berlin gegenüber Welt.

Bringt Berliner Wahl-Chaos die Linke um Direktmandate?

Ob die Fehler dermaßen gravierend waren, ist insbesondere für die Linkspartei* von Bedeutung. Sie konnte in den Berliner Wahlkreisen Lichtenberg und Treptow-Köpenick zwei von drei Direktmandaten erringen, die für den Einzug in den Bundestag entscheidend waren. Zwar sind hier - und auch in anderen Wahlkreisen - die Wahlergebnisse recht eindeutig. Sollte aber eine Mandatsrelevanz festgestellt werden, müssten im betreffenden Wahlkreis oder Stimmbezirk die Bürger erneut an die Urne.

Jede Wahl lässt sich vor Gericht anfechten

Außer durch die Prüfung der Mandatsrelevanz lässt sich die Rechtsmäßigkeit einer Wahl demnach auch prüfen indem man das Abstimmungsergebnis anfechtet. Mit einer Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht kann man feststellen lassen, ob das Wahlrecht Einzelner verletzt wurde. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Verletzung mandatsrelevant war. Jeder Wahlberechtigte kann bis zu zwei Monate nach dem Wahltag beim Bundestag Einspruch gegen die Wahl erheben.

Dies gilt auch für die Abgeordnetenhauswahl in Berlin. Allerdings müssen sich Beschwerdeführer - nach Bekanntgabe des amtlichen Endergebnisses Mitte Oktober - direkt an den Verfassungsgerichtshof wenden. Dieser Weg steht zwar jedem Wahlberechtigen frei, doch sind für Einzelpersonen die juristischen Mittel beschränkt.

Staatsrechtler fordert „penible Aufarbeitung der Pannen“

Während Staatsrechtler Pestalozza „dringend eine penible Aufarbeitung“ der Pannen fordert, entschuldigte sich Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) „namens des Senats bei allen, die Schwierigkeiten bei der Stimmabgabe hatten“. Wie Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) am 6. Oktober verlautbarte, gab es „in vermutlich etwa 100 der 2245 Wahllokale“ Vorkommnisse, die über die bei jeder Wahl üblichen Nachzählungen hinausgehen. Der Anteil der Wahllokale, in denen Probleme wegen fehlender oder falscher Stimmzettel auftraten, beträgt demnach etwa 4,5 Prozent. Diese Probleme würden derzeit noch überprüft, teilte die Senatsinnenverwaltung in einer Erklärung mit. *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA

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