„Sobald man in Rente geht, ist der Lappen weg“: EU-Ankündigung erregt Ärger
Mit einer Reihe von Verkehrsgesetzen sollen Europas Straßen sicherer werden. Die Vorschläge betreffen auch die Rentner am Steuer, was für Kritik sorgt.
Update vom 18. März: Europas Straßen sollen sicherer werden, doch zu welchem Preis? Ein Gesetzentwurf der EU zum Führerschein trifft vor allem Rentner stark. Viele schimpfen - mittlerweile hat auch der ADAC reagiert und wettert gegen die Pläne aus Brüssel.
Erstmeldung vom 4. März: Hamburg – „Sicheres Fahren ist entscheidend für unsere Bemühungen, die Zahl der Verkehrstoten und Schwerverletzten bis 2030 zu halbieren“, sagt EU-Kommissarin Adina Valean. Es ist ein großes Ziel, dass die Europäische Union da ausgibt. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr kamen in der EU mehr als 20.000 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben. Im Fokus stehen nun auch Rentner in ganz Europa.
Um die Verkehrssicherheit zu erhöhen, sollen sich nun auch die Regeln für die körperliche und geistige Eignung von Fahranwärtern und Fahrern ändern. Das Alter spiele dabei zwar weiterhin eine Rolle, jedoch sei der Einbezug von bestimmten Krankheiten noch wichtiger, hieß es. Die Altersgrenze für mehr ärztliche Untersuchungen sollte von 50 auf 70 Jahre angehoben werden. Die Fahrer sollen laut dem Vorschlag zudem ermutigt werden, ihre „fahrerischen Fähigkeiten und Kenntnisse zu aktualisieren, um mit den technologischen Entwicklungen Schritt zu halten“. Über die neuen Vorschläge müssen die EU-Staaten und das Europaparlament nun verhandeln.
„In der Rente ist der Lappen weg“ - Menschen reagieren empört auf EU-Ankündigung
Laut Merkur.de laute eine der Vorgaben sogar: Künftig soll die Verkehrstauglichkeit von Autofahrern über 70 Jahren alle fünf Jahre überprüft werden. Für viele Menschen in den sozialen Netzwerken ist das völlig unverständlich.
„Komisch ist, dass ich bis 70 arbeiten soll und sobald ich nicht mehr arbeiten soll, darf ich auch nicht mehr Auto fahren“, lautet etwa ein Kommentar unter dem Bericht auf Twitter. Ein anderer bläst ins gleiche Horn: „Sobald man in Rente geht, ist der Lappen weg.“ „Altersdiskriminierung“, monieren einige und wenden sich mit Kritik an die EU: „Haben die in der EU nichts anderes zu tun, als nur noch Verbote auszusprechen?“
Auch die mangelnden Verkehrsanbindungen außerhalb der Städte sind Thema: „Stell dir vor, du bist 70 und wohnst auf dem Land. Ab Mitte 80 wäre ich aber dafür.“ Probleme könnte es auch für Menschen geben, die noch in der Rente arbeiten möchten und dazu ihr Auto brauchen. Doch zwischen den Kommentaren finden sich einzelne, die den Änderungen zustimmen können: „Manche Senioren haben schon einen gefährlichen Fahrstil. Aber man müsste den Leuten halt eine gute Mobilitätsalternative bieten.“

Führerschein - die weiteren Pläne der EU:
- Autofahrer sollen ihren Führerschein bei Verkehrskontrollen oder der Autovermietung künftig auf dem Handy vorzeigen können.
- In der Ausbildung von Fahranfängern soll klimaschonendes Fahren künftig mehr Raum einnehmen.
- Führerschein mit 17 EU-weit - auch für Lkw.
- Verkehrssünder sollen im EU-Ausland leichter bestraft werden können.
Studie aus Japan zeigt: Fahreignungstests bei Rentnern können helfen
Immer ist die Fahrtauglichkeit von Senioren Gegenstand von Debatten in Deutschland. Weit hergeholt ist das nicht. Eine Studie aus Japan zeigte zuletzt, dass obligatorische Fahreignungstests bei Seniorinnen und Senioren zu weniger Autounfällen führen. Wie die Amerikanische Gesellschaft für Geriatrie (AGS) mitteilte, wurden dafür Polizeidaten zu Unfällen ausgewertet, die von Juli 2012 bis Dezember 2019 in Japan geschahen.
Im März 2017 wurde dann eine Gesetzesänderung eingeführt, die verpflichtende kognitive Screening-Tests für ältere Fahrer vorsieht. Wenn Demenz nachgewiesen wurde, konnte den Seniorinnen und Senioren der Führerschein entzogen werden. Daraufhin sind laut der Studie die Unfallzahlen bei männlichen Autofahrern kontinuierlich gesunken. Bei Autofahrerinnen war der Zusammenhang nicht so deutlich – wohl auch, weil vor allem viele Frauen in dem Alter keine Fahrerlaubnis haben. Schon in der nächsten Generation würde sich das jedoch ändern, und die Unfälle könnten steigen, erklärt die Unfallforschung der Versicherer (UDV). (mke, dpa)