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Bürgergeld reicht nicht für steigende Stromkosten: Was Betroffene tun können

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Von: Amy Walker

Seit Jahresbeginn ist mit dem neuen Bürgergeld der Regelsatz gestiegen. Experten bemängeln aber: Auch das reicht nicht, um die gestiegenen Kosten zu decken.

Berlin – Ein Single-Haushalt bekommt mit dem neuen Bürgergeld 43,55 Euro im Monat für Energiekosten. Davon ist vor allem der Strom zu bezahlen, der nicht mit den restlichen Wohnungs- und Heizkosten separat bezahlt wird. Laut dem Vergleichsportal Verivox bezahlen aber Ein-Personen-Haushalte aktuell durchschnittlich 47 Euro pro Monat für Strom. Der Regelbedarf reicht also schon jetzt nicht aus.

Stromkosten können nicht bezahlt werden: Bürgergeld-Empfänger sollten Härtefallantrag stellen

Betroffenen wird geraten, einen Antrag für Mehrbedarf zu stellen, um die Stromkosten zu decken. Laut Sozialgesetzbuch muss das Jobcenter einem Betroffenen mehr Geld geben, wenn ein sogenannter „unabweisbarer besonderer Bedarf“ besteht. Sozialgerichte haben in der Vergangenheit bestimmt, dass ein unabweisbarer Bedarf dann besteht, wenn der monatliche Mehrbedarf mindestens 20 Euro vom durchschnittlichen Bedarf abweicht. Im Klartext bedeutet das: Liegen die monatlichen Stromkosten mindestens 20 Euro über dem, was man als Bürgergeldempfänger dafür bekommt, dann muss das Jobcenter mehr Geld geben.

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Dieser Mehrbedarf muss aber beantragt werden. Und: Es liegt im Ermessen des Jobcenters, ob der Mehrbedarf auch anerkannt wird oder nicht. Hier bestehen erhebliche Zweifel, ob das Jobcenter für höhere Stromkosten den Mehrbedarf anerkennen wird. Bei Einmalzahlungen (zum Beispiel für eine Stromkostennachzahlung) ist es möglich, vom Jobcenter ein Darlehen zu beantragen, das aber zurückgezahlt werden muss. Für laufende Kosten ist das aber kein gangbarer Weg. Experten erwarten daher Klagen vor den Sozialgerichten in den nächsten Monaten.

Das Jobcenter: Zu Jahresbeginn wurde die alten Sozialhilfe Hartz IV durch das Bürgergeld abgelöst.
Das Jobcenter: Zu Jahresbeginn wurde die alten Sozialhilfe Hartz IV durch das Bürgergeld abgelöst. © Hauke-Christian Dittrich / dpa

Bürgergeld reicht nicht für Stromkosten: Gesetzgeber muss reagieren

Vor neun Jahren hatte das Bundesverfassungsgericht schon in einem ähnlichen Fall entschieden, dass der Gesetzgeber verpflichtet ist, bei steigenden Energiepreisen die Regelbedarfe zu erhöhen. „Ergibt sich eine offensichtliche und erhebliche Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Preisentwicklung und der bei der Fortschreibung der Regelbedarfsstufen berücksichtigten Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter, muss der Gesetzgeber zeitnah darauf reagieren. So muss die Entwicklung der Preise für Haushaltsstrom berücksichtigt werden,“ entschied das Verfassungsgericht 2014.

Sozialrechtsexperte Harald Thomé sagt laut gegen-hartz.de, dass die Jobcenter daher entweder die Stromkosten aus dem Regelbedarf herausnehmen müssen, oder sie gewähren Härtefallanträge für unabweisbare Bedarfe. Nur so könne gesichert werden, dass das Existenzminimum für Bürgergeldempfänger gedeckt wird.

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