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Rezessionssorgen: Bundesbank warnt Sparkassen und Volksbanken vor großen Verlusten

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Von: Lisa Mayerhofer

Sparkasse in Potsdam
Sparkasse: Die Bundesbank stimmt die Branche auf harte Zeiten ein. © Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild

Drohende Rezession, hohe Inflation, steigende Zinsen – das Umfeld für die Finanzbranche ist schwieriger geworden. Die Bundesbank warnt deutsche Banken wie Sparkassen und Volksbanken vor den Risiken.

Frankfurt/Main – Die Bundesbank mahnt Geldinstitute angesichts wachsender Risiken für die Finanzstabilität zu mehr Vorsorge. „Die Banken sollten Verluste aus eigener Kraft auffangen können“, sagte Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch jetzt bei der Vorstellung des Finanzstabilitätsberichts 2022 in Frankfurt. Sparkassen und Volksbanken verzeichnen aber sinkende Kapitalquoten. Sollten sie in Bedrängnis kommen, hätte das unmittelbar Auswirkungen auf die Verbraucher.

Bundesbank: Wahrscheinlichkeit steigt, dass Schuldner Kredite nicht zurückzahlen können

Insgesamt sieht die Bundesbank ein deutlich verschlechtertes Umfeld: Für 2023 sagen Volkswirte eine Rezession voraus. Seit Monaten macht die extrem hohe Teuerung Verbrauchern und Unternehmen zu schaffen. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Schuldner Kredite nicht zurückzahlen können.

„Die realwirtschaftlichen Risiken haben deutlich zugenommen“, fasste Buch zusammen. Das Finanzsystem bleibe verwundbar gegenüber diesen Risiken. „Das heißt, wir müssen jetzt wirklich Sorge tragen, dass aus den Verwundbarkeiten, die wir schon gesehen haben, keine Verletzungen werden, die dann später nur sehr schwer zu heilen sind“, sagte Buch.

Die Zeitreihen, mit deren Hilfe Geldhäuser künftige Kreditrisiken abschätzten, könnten sich als zu optimistisch herausstellen, warnte die Bundesbank-Vizepräsidentin: „Wenn wir hier also sehen, dass die Risikovorsorge sehr stark gesunken ist, sollte das noch keine Entwarnung geben für zukünftige Risiken.“

Seit Mitte vergangenen Jahres seien zudem die Kapitalquoten der Banken leicht gesunken. Das habe zwei Gründe: den weiterhin recht dynamischen Anstieg der Kredite und die bereits erfolgten Abschreibungen auf Wertpapiere. Die Kernkapitalquoten der Sparkassen und Kreditgenossenschaften wie auch der großen, systemrelevanten Banken sind um rund einen Prozentpunkt zurückgegangen, warnt die Bundesbank.

Studie: Sparkassen könnten „große finanzielle Verwerfungen“ drohen

Die Banken mussten Abschreibungen vornehmen und hätten ihre stillen Reserven bereits weitgehend aufgebraucht, erklärte Buch. Deshalb sollten Kreditinstitute unbedingt reagieren und „umsichtig“ Risikovorsorge betreiben.

Denn: Sollte beispielsweise eine Sparkasse in eine Schieflage geraten, drohen der jeweiligen Trägergemeinde nicht nur erhebliche Steuerausfälle. Es könnte sogar zu Steuerrückerstattungen an die Sparkasse kommen – mit schwer einzuschätzenden Folgen für den Gemeindehaushalt.

„Sollten die Kapitalmärkte sich bis zum Jahresende 2022 nicht erholen, drohen in Folge in den nächsten Jahren vielen Gemeinden große finanzielle Verwerfungen“, prognostizierte Ralf Jasny, Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Finanzdienstleistungen der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS), schon im Sommer. Er hat in einer Studie die aktuell verfügbaren 376 Jahresabschlüsse des Jahres 2020 der deutschen Sparkassen analysiert.

Ohne Kapitalmarkterträge wäre jede siebte deutsche Sparkasse operativ defizitär

Demnach legen zahlreiche Geldhäuser teilweise sehr hohe Summen am Kapitalmarkt an, statt die örtliche Bevölkerung mit Geld- und Kreditleistungen zu versorgen, was eigentlich ihr gesetzlich verankerter Auftrag wäre. Diese Investitionen am Kapitalmarkt können nun sogar wegen der aktuellen Turbulenzen zu Verlusten oder Insolvenz führen, warnt Jasny.

77 Sparkassen legen seiner Studie zufolge mehr als 30 Prozent ihrer Aktiva in börsennotierten Wertpapieren an – und zwei haben sogar bis zu 66 Prozent in Wertpapieren angelegt und gehen damit erhebliche Kapitalmarktrisiken ein. Allerdings merkt der Ökonom auch an, dass 68 Sparkassen ohne die Erträge aus den Wertpapiergeschäften im Jahr 2020 sogar Verluste in Millionenhöhe hätten ausweisen müssen. Damit wäre ohne den „Booster“ aus den Kapitalmarkterträgen jede siebte deutsche Sparkasse operativ defizitär, erklärt Jasny.

Mit Material der dpa

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