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Qualität zum Discounter-Preis? Warum wir über unser „Tägliches Brot“ reden müssen

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Von: Peter Pauls

Einkaufswagen mit Zwiebeln, Bananen, Spaghetti und weiteren Lebensmittel und Autor Peter Pauls
Verbraucher wollen Qualität und Bio im Einkaufswagen - aber nicht alle wollen dafür auch höhere Preise in Kauf nehmen, meint Peter Pauls. © Sven Simon / Imago & Kölner Presseclub

Lebensmittel im Spannungsfeld von Preiskampf, Überproduktion und Massenmarkt: Wie die Landwirtschaft der Zukunft aussehen könnte - und damit unser tägliches Brot.

Köln - Auf keinen Fall würde ich Bauer sein wollen. Das steht sowieso nicht zur Debatte. Diese jähe Erkenntnis überkam mich jedoch erst, als ich mit Jens Lönneker über die deutsche Landwirtschaft und deren Dilemmata sprach.

Was der Psychologe und Geschäftsführer von „rheingold salon“ erklärte, sagt mindestens so viel über uns Konsumenten aus wie über den Gegenstand seiner Forschung, die Bäuerinnen und Bauern in diesem Land. Corona und die Folgen des Ukraine-Krieges konfrontierten uns mit leeren Supermarkt-Regalen. Doch tatsächlich entstand nie gefährlicher Mangel, abgesehen von Mehl vielleicht. Aber da waren Verbraucher am Werk, denen die Sicherungen durchgebrannt sind.

Verbraucher wollen, dass es Tieren zu Lebzeiten gut geht - dafür bezahlen aber nicht

In dieser Situation müsste eigentlich einer Berufsgruppe, die das Land versorgt und es buchstäblich satt macht, Dank, Wärme und Zuneigung zuteilwerden. Doch so war es, anders als in Frankreich etwa, nicht. Wir Menschen außerhalb der Landwirtschaft dankten statt den Bauern dem Handel dafür, dass die Regale nicht dauerhaft leer blieben. Mehr noch: Die Landwirte fühlten sich angegriffen und schon vor den Krisen häufig abgestempelt als Verweigerer von Tierwohl und Nachhaltigkeit. Daher bat deren Verband Jens Lönneker und sein Team um Hilfe.

Der „rheingold salon“ deckte einige Fakten auf: Bauern sind modern, effizient, sie arbeiten mit Drohnen (um Rehkitze vor Mähmaschinen zu retten), pflegen die Landschaft, aber sie schweigen darüber. Wir Verbraucher wollen zwar, dass es den Tieren, die wir essen, zu Lebzeiten gut geht. Dafür bezahlen möchte die überwiegende Mehrheit der Konsumenten aber nicht. Wir wollen übrigens auch alternativ erzeugte Energie, aber sie soll günstig sein. Und wir glauben unerschütterlich an den nächsten Lebensmittelskandal und ebenso, dass er nicht uns betrifft. Wir hätten gerne Qualität zum Discounter-Preis.

Diskussion am 28. März im Kölner Presseclub

Die Krisen, die auf uns lasten, haben unseren Blick geschärft. Selbstverständliches ist nicht mehr selbstverständlich. Wer unter welchen Bedingungen unser täglich Brot produziert – darüber wollen wir vom Kölner Presseclub diskutieren.

Termin: Dienstag, 28. März 2023, 19.30 h im Excelsior Hotel Ernst, Trankgasse 5, 50667 Köln, direkt am Kölner Dom / Hauptbahnhof Köln. Anmeldung: info@koelner-presseclub.de

Auf dem Podium sprechen miteinander: Susanne Schulze Bockeloh, Vizepräsidentin des Deutschen Bauernverbandes, Arndt Klocke (Mitglied der Grünen im NRW-Landtag), langjähriger NRW-Fraktions- und Parteivorsitzender, sowie Jens Lönneker, Mit-Autor des Buches „Zukunfts-Bauer“.

24RHEIN-Gastautor Peter Pauls ist Vorsitzender des Kölner Presseclubs. Zuvor war er lange Jahre Chefredakteur der Tageszeitung Kölner Stadt-Anzeiger. Dieser Beitrag stammt aus dem Newsletter des Kölner Presseclub, den Sie hier abonnieren können

Dankbarkeit kommt eher beim Handel an

In der Diskussion kommen wir nicht nur Missverständnissen, sondern auch eigener Widersprüchlichkeit auf die Spur. „Heutzutage ist es nicht mehr nötig, ein in sich konsistentes Verhaltensmuster aufzubauen“, hat Jens Lönneker erkannt. Wer sich heute fürs Klima auf die Straße klebt, fliegt morgen nach Asien und fühlt den Widerspruch nicht.

Der Handel inszeniert sich gekonnt. „Die von Rewe versorgen mich und setzen sich der Gefahr von Infektionen aus“, wurde den Psychologen gesagt. Die Bauern sind zu still. Da es kaum noch alltägliche Berührungspunkte zur Landwirtschaft gibt, reifen Vorurteile. Vielleicht sogar auf beiden Seiten? Wir werden darüber sprechen. Denn es geht um nicht weniger als um unser tägliches Brot. Früher war es so wenig selbstverständlich, dass es Bestandteil des Gebetes war, das jeder kennt, des „Vaterunser“ (pp/IDZRNRW)

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