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Ukraine-News: Habeck lässt Verstaatlichung deutscher Töchter russischer Energie-Firmen durchspielen

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Von: Thomas Schmidtutz

Robert Habeck: Zur Sicherung der Energieversorgung in Deutschland lässt der Wirtschaftsminister auch eine Enteignung der Deutschland-Ableger von Rosneft sowie Gazprom Germania prüfen.
Robert Habeck: Zur Sicherung der Energieversorgung in Deutschland lässt der Wirtschaftsminister auch eine Enteignung der Deutschland-Ableger von Rosneft sowie Gazprom Germania prüfen. © Kay Nietfeld/dpa

Den Deutschland-Ablegern von Rosneft und Gazprom droht womöglich eine Verstaatlichung. Entsprechende Szenarien lässt Wirtschaftsminister Robert Habeck durchspielen.

Berlin - Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck spielt angesichts des Ukraine-Kriegs intern Pläne zu einer Rettung der deutschen Töchter der russischen Energiekonzerne Gazprom und Rosneft durch. Das berichtet das Handelsblatt. Die Überlegungen umfassten sowohl eine Verstaatlichung wie eine Enteignung. Hintergrund seien Sorgen um eine massive Beeinträchtigung der Energieversorgung vor allem in Ostdeutschland, berichtete die Wirtschaftszeitung unter Berufung auf mehrere Regierungsvertreter. 

Zwar sind die beiden deutschen Töchter Rosneft Deutschland und Gazprom Germania von den Sanktionen des Westens gegen Russland ausgenommen. Doch würden sich viele Banken von den beiden Unternehmen abwenden. Auch andere Kunden kehrten den Firmen den Rücken. Die Gefahr eines „technischen Konkurses“ sei daher nicht von der Hand zu weisen, zitiert die Wirtschaftszeitung einen Insider.

Ukraine-News: Gazprom und Rosneft spielen zentrale Rolle in der Energie-Versorgung in Deutschland

Die deutschen Ableger der russischen Konzerne spielen für die Energie-Versorgung eine zentrale Rolle. So steht Rosneft für rund 25 Prozent des deutschen Raffinerie-Geschäfts. Alleine die PCK-Raffinerie in Schwedt bei Berlin liefert 95 Prozent des gesamten Bedarfs von Benzin, Diesel, Super sowie Heizöl für den Großraum Berlin und Brandenburg. Rosneft hält 54 Prozent der Anteile. Weitere 37,5 Prozent hat das Unternehmen unlängst von Shell erworben. Das Kartellamt habe bereits grünes Licht für die Aufstockung gegeben, berichtet das Handelsblatt, die Zustimmung des Wirtschaftsministeriums stehe aber noch aus. 

Gazprom Germania hatte 2015 von BASF große Gasspeicher übernommen und ist damit zur Nummer 1 im Markt aufgestiegen. Im Gegenzug hatte BASF sich im Rahmen des Deals Gasfelder in Sibirien gesichert. Nun könnte sich dieser Deal für BASF, aber auch für die deutsche Infrastruktur als fatal erweisen.

Ukraine-News: Habeck spielt bislang ungeahnte Szenarien durch

Um wegen eines drohenden Gaslieferstopps das Schlimmste zu verhindern, spielt das Bundeswirtschaftsministerium nun verschiedene, bislang kaum vorstellbare Szenarien wie eine Enteignung oder Verstaatlichung durch, berichtet das Blatt. Aus Furcht vor möglichen Sanktionen machen laut Handelsblatt inzwischen wohl immer mehr Banken einen Bogen um die beiden deutschen Unternehmen. Um ein finanzielles Austrocknen zu verhindern, habe die Bundesregierung Rosneft sogar eine offizielle Bestätigung ausgestellt, wonach das Unternehmen nicht von Sanktionen betroffen sei.

Die PCK-Raffinerie hat sich komplett auf die Verarbeitung des russischen Öls eingestellt und hängt direkt an der russischen Pipeline Druschba. Russisches Öl ist besonders schwefelhaltig. Eine Umstellung auf Öl der Sorte Brent aus der Nordsee wäre nur mit sehr aufwändigen technischen Umbauten möglich. Außerdem ist offen, wie das Nordsee-Öl überhaupt nach Schwedt kommen könnte. 

Eine Verstaatlichung wäre ein radikaler Schritt. Allerdings hatte der Bund in Krisensituationen in der Vergangenheit wiederholt zu diesem Mittel gegriffen. So hatte der Bund 2020 zur Rettung der Lufthansa ein Milliarden-schweres Rettungspaket geschnürt, um die Corona-gebeutelte Airline vor der Pleite zu bewahren. Auch der angeschlagenen Commerzbank war der Bund 2009 zu Hilfe geeilt.

Ukraine-News: Kreml könnte sich an deutschen Unternehmen revanchieren

Ob es allerdings am Ende tatsächlich zu einer Verstaatlichung der beiden Russland-Ableger kommt, ist indessen offen. Denn wenn Berlin hier tatsächlich zugreifen solle, dürfte der Kreml erbarmungslos zurückschlagen – eine Verstaatlichung von Standorten deutscher Unternehmen in Russland wäre spätestens dann jedenfalls keine Überraschung. 

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